BFH Beschluss v. - I B 15/99

Gründe

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob treuhänderisch vereinnahmte Zinsen und Dividenden einer Bank deshalb als eigene Einkünfte zugerechnet werden können, weil sie der Finanzbehörde die Treugeber nicht benannt hat.

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) betreibt im Inland eine Bank. In diesem Rahmen vereinnahmte sie in den Streitjahren (1986 und 1987) u.a. aus den USA stammende Zinsen und Dividenden. Nachdem der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) durch Kontrollmitteilungen amerikanischer Behörden hiervon Kenntnis erhalten hatte, bat er die Klägerin, die Namen und Anschriften der tatsächlichen Zahlungsempfänger sowie die Höhe der jeweils gutgeschriebenen Beträge anzugeben. Das lehnte die Klägerin ab.

Das FA erfasste daraufhin die in den Kontrollmitteilungen genannten Zahlungen —abzüglich verschiedener, hier nicht streitiger Korrekturbeträge— als Einkünfte der Klägerin. Die hiergegen gerichtete Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen, ohne die Revision zuzulassen.

Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin geltend, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe. Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Klägerin hat die von ihr geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht in hinreichender Form dargelegt:

1. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision gegen ein finanzgerichtliches Urteil u.a. dann zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine solche ist gegeben, wenn im konkreten Fall eine Rechtsfrage entscheidungserheblich ist, die im Interesse der einheitlichen Anwendung und Fortentwicklung des Rechts der höchstrichterlichen Klärung bedarf (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rz. 7, m.w.N.). Fehlt es hieran, so kann eine Grundsatzrevision nicht zugelassen werden. Das gilt unabhängig davon, ob die erstinstanzliche Entscheidung inhaltlich richtig oder unzutreffend ist.

2. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde auf den Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung gestützt, so muss diese in der Beschwerdeschrift dargelegt werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Hierzu muss der Beschwerdeführer die seiner Ansicht nach klärungsbedürftige Rechtsfrage bezeichnen und konkret auf ihre Bedeutung für die Allgemeinheit eingehen (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 61, m.w.N.). Außerdem muss er substantiierte Ausführungen zur Klärungsfähigkeit, also zur Entscheidungserheblichkeit der betreffenden Rechtsfrage machen. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Klärungsfähigkeit nicht ohne Weiteres auf der Hand liegt (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 59, m.w.N.). Genügt die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde den genannten Anforderungen nicht, so ist das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen.

3. Im Streitfall hält die Klägerin das Verhältnis zwischen § 159 der Abgabenordnung (AO 1977) einerseits und § 30a AO 1977 andererseits für klärungsbedürftig. Es sei darüber zu entscheiden, ”ob § 30a AO Vorrang vor § 159 AO hat”. Es mag dahingestellt bleiben, ob damit überhaupt eine hinreichend konkrete Rechtsfrage bezeichnet worden ist. Denn selbst wenn man dies bejaht, ergeben sich aus dem Beschwerdevortrag nicht die Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit einer solchen Frage:

a) Es ist denkbar, dass die Klägerin sich auf Abs. 2 des § 30a AO 1977 berufen will. Hiernach dürfen die Finanzbehörden von den Kreditinstituten zum Zwecke der allgemeinen Überwachung die einmalige oder periodische Mitteilung von Konten bestimmter Art oder bestimmter Höhe nicht verlangen. Dazu hat der Bundesfinanzhof (BFH) indessen bereits entschieden, dass § 30a Abs. 2 AO 1977 sich nur auf Auskunftsersuchen ”ins Blaue hinein” bezieht, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 93 AO 1977 jedoch Auskunftsersuchen gegenüber Kreditinstituten ohne Einschränkung zulässig sind (, BFHE 183, 45, BStBl II 1997, 499, 504). Dass trotz dieser Entscheidung das Verhältnis zwischen § 93 AO 1977 und § 30a AO 1977 weiterhin klärungsbedürftig sei, hat die Klägerin nicht geltend gemacht.

Geht man aber von der genannten höchstrichterlichen Rechtsprechung aus, so ist nicht erkennbar, inwieweit der Streitfall eine Rechtsfrage aufwerfen könnte, die in einem etwa nachfolgenden Revisionsverfahren klärungsfähig wäre. Denn das FG hat seine Entscheidung u.a. darauf gestützt, dass hier die Voraussetzungen des § 93 AO 1977 erfüllt waren, das Auskunftsersuchen gegenüber der Klägerin auf der Basis jener Rechtsprechung also zulässig war. Diese Annahme ist von der Klägerin nicht beanstandet worden. Ist sie aber richtig, so kann sich die Frage nach dem Rangverhältnis zwischen § 30a Abs. 2 und § 159 Abs. 1 AO 1977 im Streitfall nicht stellen: Wenn das Ermittlungsverbot des § 30a Abs. 2 AO 1977 im konkreten Fall nicht eingreift, kann es die vom FA vorgenommene Einkunftszurechnung nicht hindern; das gilt unabhängig davon, ob § 30a Abs. 2 gegenüber § 159 Abs. 1 AO 1977 Vorrang hat oder nicht. Unter diesen Umständen lässt der Vortrag der Klägerin die Klärungsfähigkeit jener Rechtsfrage nicht erkennen, weshalb er dem Darlegungserfordernis des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht genügt.

b) Im Ergebnis dasselbe gilt, wenn oder soweit die Klägerin sich auf Abs. 1 des § 30a AO 1977 berufen will. Diese Vorschrift statuiert lediglich ein allgemeines Rücksichtnahmegebot, und es ist weder von der Klägerin vorgetragen worden noch offenkundig, unter welchem Gesichtspunkt sich hieraus ein Verbot der Einkunftszurechnung nach § 159 Abs. 1 AO 1977 ergeben könnte. Es ist auch nicht Aufgabe des Senats, im vorliegenden Verfahren von Amts wegen der Frage nachzugehen, inwieweit sich in diesem Zusammenhang möglicherweise eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt. Dies darzulegen, wäre vielmehr Aufgabe der Klägerin gewesen.

4. Von einer weiteren Begründung wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.

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Fundstelle(n):
DAAAA-65293