BFH Beschluss v. - X B 80/99

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Ob berufliche Gründe für einen Wohnungswechsel anzunehmen sind, wenn sich dadurch die Zeit, um zur Arbeitsstätte zu gelangen, zwar nicht mindestens um eine Stunde verkürzt, die Arbeitsstätte aber nunmehr zu Fuß erreicht werden kann, ist keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung.

Aufwendungen für einen Wohnungswechsel gehören grundsätzlich zu den nicht abziehbaren Kosten der Lebensführung (§ 12 Nr. 1 Satz 2 des EinkommensteuergesetzesEStG—). Als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit können Umzugskosten nur dann berücksichtigt werden, wenn die berufliche Tätigkeit der entscheidende Grund für den Umzug war und private Umstände nur eine ganz untergeordnete Rolle spielen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) können Kosten für einen Umzug ohne Arbeitsplatzwechsel beruflich veranlasst sein, wenn der Weg zur Arbeitsstätte wesentlich verkürzt wird oder sich die Arbeitsbedingungen in sonstiger Weise wesentlich verbessern (, BFHE 166, 534, BStBl II 1992, 494; vom VI R 132/88, BFHE 170, 484, BStBl II 1993, 610). Eine wesentliche Verkürzung nimmt der BFH an, wenn sich die Zeit für den Weg von der Wohnung zur Arbeitsstätte und zurück um mindestens eine Stunde täglich verringert (BFH-Urteile in BFHE 170, 484, BStBl II 1993, 610; vom VI R 17/95, BFHE 178, 345, BStBl II 1995, 728; , BFH/NV 1999, 178, jeweils m.w.N.).

Für die Annahme einer beruflichen Veranlassung ist nach der neueren Rechtsprechung des BFH grundsätzlich die Zeitersparnis von mindestens einer Stunde täglich für den Weg zur Arbeitsstätte ausschlaggebend. Ob in Ausnahmefällen die Erreichbarkeit der Arbeitsstätte ohne Verkehrsmittel zu einer solch wesentlichen sonstigen Verbesserung der Arbeitsbedingungen führt, dass auch eine weniger als eine Stunde betragende Zeitersparnis für die Annahme einer beruflichen Veranlassung der Umzugskosten ausreicht, hängt von der —dem Finanzgericht (FG) obliegenden— Würdigung der tatsächlichen Umstände im Einzelfall ab, an die der BFH grundsätzlich gebunden ist (§ 118 Abs. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

2. Eine Zulassung der Revision wegen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit einer höchstrichterlichen Rechtsprechung ist im Streitfall ebenfalls nicht gerechtfertigt. Die Rechtsprechung des BFH zum Objektverbrauch bei erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG, auf die das FG seine Entscheidung gestützt hat, ist verfassungsgemäß (vgl. auch BFH-Beschlüsse vom X B 324/93, BFH/NV 1995, 207; vom X B 48/98, BFH/NV 1999, 301; vom X B 93/98, BFH/NV 1999, 306).

Miteigentumsanteile an einem nach § 7b EStG begünstigten Objekt sind im Regelfall selbständige Objekte (§ 7b Abs. 6 Satz 1 EStG). Bei Ehegatten gelten die Miteigentumsanteile dagegen als ein Objekt, solange die Ehegatten die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG für eine Zusammenveranlagung erfüllen (unbeschränkte Steuerpflicht, kein dauerndes Getrenntleben). Entfallen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG —z.B. durch Scheidung der Ehe—, sind nach der Rechtsprechung des BFH die Miteigentumsanteile gemäß der Grundregel des § 7b Abs. 6 Satz 1 EStG als selbständige Objekte zu behandeln. Der vor der Trennung suspendierte Objektverbrauch (§ 7b Abs. 6 Satz 2 EStG) lebt wieder auf, so dass mit Wegfall der Zusammenveranlagungsvoraussetzungen bei jedem Ehegatten Objektverbrauch eintritt (ständige Rechtsprechung, z.B. , BFHE 177, 44, BStBl II 1995, 537; vom X R 20/93, BFHE 181, 70, BStBl II 1996, 603, jeweils m.w.N).

Durch eine Übertragung des Miteigentumsanteils nach Wegfall der Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung kann der Objektverbrauch nicht rückgängig gemacht werden. Der ursprüngliche Miteigentumsanteil und der übertragene Miteigentumsanteil bleiben trotz des Alleineigentums des übernehmenden Ehegatten selbständige Objekte. Daher kann der übernehmende Ehegatte die erhöhten Absetzungen grundsätzlich nur für seinen ursprünglichen Miteigentumsanteil in Anspruch nehmen. Lediglich dann, wenn er zusammen mit einem neuen Ehegatten die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung erfüllt und daher Anspruch auf die Vergünstigung für zwei Objekte hat, kann er erhöhte Absetzungen auch für den —nach der Scheidung übernommenen— Miteigentumsanteil fortführen. Durch die Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen für den übernommenen Miteigentumsanteil ist im Streitfall Objektverbrauch für ein zweites Objekt eingetreten (BFH in BFHE 177, 44, BStBl II 1995, 537). Den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) steht daher keine Wohneigentumsförderung nach § 10e EStG für ein weiteres Objekt zu (§ 10e Abs. 4 Sätze 2 und 3 EStG).

Das Bundesverfassungsgericht hat diese Rechtsprechung gebilligt (Beschlüsse vom 1 BvR 448/86, Steuerrechtsprechung in Karteiform —StRK—, Einkommensteuergesetz 1975, § 7b, Rechtsspruch 19a, und vom 2 BvR 164/92, StRK, Einkommensteuergesetz 1975, § 7b, Rechtsspruch 58, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung —HFR— 1993, 408). Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 oder Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes liegt auch unter den von den Klägern angeführten Gesichtspunkten nicht vor. Da die Inanspruchnahme für das zweite Objekt nur aufgrund der zweiten Ehe des Klägers möglich war, kann sich der Kläger nicht darauf berufen, die grundsätzliche Begünstigung für zwei Objekte werde seiner zweiten Ehe nicht zuteil. Ebenso geht der Einwand fehl, der Klägerin werde verwehrt, was einer ledigen Person erlaubt wäre, nämlich die Vergünstigung für ein Objekt in Anspruch zu nehmen. Grundsätzlich hat jeder Ehegatte Anspruch auf erhöhte Absetzungen nach § 7b EStG bzw. ab 1987 auf Wohneigentumsförderung nach § 10e EStG für ein Objekt. Zusammenveranlagte Ehegatten werden aber insoweit begünstigt, als sie wählen können, ob jeder die Vergünstigung für ein eigenes Objekt oder einer für insgesamt zwei Objekte in Anspruch nimmt oder ob beide die Vergünstigung für zwei gemeinsame Objekte geltend machen. Im Streitfall hat der Kläger in der zweiten Ehe für ein zweites Objekt —den von der früheren Ehefrau nach der Scheidung übernommenen Miteigentumsanteil— erhöhte Absetzungen beansprucht. Diese Inanspruchnahme muss sich die Klägerin zurechnen lassen.

3. Von der Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung seiner Entscheidung sieht der Senat gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2000 S. 945 Nr. 8
OAAAA-64958