OFD Niedersachsen - S 4501-128-St 262

Verwertungsbefugnis bei Treuhandverhältnissen; abgekürzter Leistungsweg

(BStBl 2016 II S. 715)

Veranlasst der einzige Kommanditist einer GmbH & Co. KG, der zugleich der alleinige Gesellschafter der Komplementär-GmbH ist, die KG dazu, ein dieser gehörendes Grundstück ohne Gegenleistung zur Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtung aus einem als Treugeber abgeschlossenen Treuhandvertrag auf den Treuhänder zu übertragen, begründet der Treuhandvertrag keine Verwertungsbefugnis des Kommanditisten i. S. von § 1 Abs. 2 GrEStG.

Bei der Grundstücksübereignung handelte es sich um einen Fall des abgekürzten Leistungswegs. Die Verwendung der Grundstücke beruhte im Verhältnis des Kommanditisten zur GmbH & Co. KG auf dem Gesellschaftsverhältnis und stellt daher zivilrechtlich eine Entnahme der Grundstücke aus dem Gesellschaftsvermögen dar. Der Treuhänder hat die Grundstücke zwar sachenrechtlich von der GmbH & Co. KG, schuldrechtlich aber aufgrund des Sicherungs-Treuhandvertrags von dem Kommanditisten als Leistenden erhalten.

Die rechtsgeschäftliche Übertragung von der GmbH & Co. KG auf den Treuhänder ist steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Da eine Gegenleistung nicht vorhanden ist, bemisst sich die Steuer nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GrEStG nach den Werten i. S. d. §§ 151 und 157 ff. BewG.

Wäre der „ungekürzte” Leistungsweg gewählt worden, hätte der Kommanditist die GmbH & Co. KG zunächst veranlasst, die Grundstücke rechtsgeschäftlich auf ihn zu übertragen. Diese Übertragung wäre steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG gewesen. Die Grunderwerbsteuer wäre nach § 6 Abs. 2 GrEStG zu 100 v. H. nicht erhoben worden, da der Kommanditist zu 100 v. H. am Vermögen der GmbH & Co. KG beteiligt ist. Die Übertragung des Grundstücks zur Erfüllung der dem Kommanditisten obliegenden Verpflichtung aus einem als Treugeber abgeschlossenen Treuhandvertrag auf den Treuhänder wäre steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG gewesen. Da eine Gegenleistung nicht vorhanden ist, würde sich die Steuer nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GrEStG nach den Werten i. S. d. §§ 151 und 157 ff. BewG bemessen. Der Treuhandvertrag begründet keine Verwertungsbefugnis des Kommanditisten i. S. d. § 1 Abs. 2 GrEStG. Vielmehr verbleibt die Verwertungsbefugnis des Kommanditisten als Treugeber von vornherein bei diesem, soweit sie bestehen bleibt.

OFD Niedersachsen v. - S 4501-128-St 262

Fundstelle(n):
DStR 2017 S. 787 Nr. 14
UVR 2017 S. 43 Nr. 2
Ubg 2017 S. 284 Nr. 5
LAAAF-88405