Wiedereinsetzung bei längerer urlaubsbedingter
Abwesenheit und Beauftragung einer Hilfsperson zur Posterledigung
- Wiedereinsetzung bei unterbliebener erforderlicher Anhörung
Leitsätze
1. Die Regelungen zur Wiedereinsetzung
(z.B. § 110 AO) räumen der Verwirklichung des materiellen Rechts
Vorrang ein vor dem Rechtsgut der Rechtssicherheit. Die Anforderungen
an die Gewährung der Wiedereinsetzung dürfen nicht überspannt werden.
2. Ein Steuerpflichtiger kann
darauf vertrauen, dass er bei der Bearbeitung seiner Steuererklärung
entsprechend § 91 AO und Tz. 1 AEAO zu § 91 wegen einer beabsichtigten
erheblichen Abweichung von der Erklärung vorher angehört wird. Ist
eine erforderliche Anhörung unterblieben und wurde dadurch die rechtzeitige Anfechtung
des Verwaltungsakts versäumt, so ist Wiedereinsetzung zu gewähren.
3. Bei einer urlaubsbedingten
überschaubaren Abwesenheit auch von über sechs Wochen braucht ein
Steuerpflichtiger zur Wahrung seiner persönlichen und geschäftlichen
Angelegenheiten keinen rechtsgeschäftlichen Vertreter bestellen, wenn
mit einer behördlichen Entscheidung während seiner Abwesenheit konkret nicht
zu rechnen ist. Es genügt die Beauftragung einer zuverlässigen Person,
um allgemein eine laufende Kontrolle der eingehenden Post sicherzustellen.
4. Eine nur zur Posterledigung
beauftragte Hilfsperson ohne Vollmacht zum geschäftsmäßig verbindlichen
Auftreten nach Außen handelt nicht als Vertreter im Sinne von §
110 Abs. 1 Satz 2 AO. Ein Verschulden der Hilfsperson ist dem Steuerpflichtigen
nicht zuzurechnen.
Fundstelle(n): PAAAF-88084
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Online-Dokument
Finanzgericht Nürnberg, Urteil v. 13.07.2016 - 5 K 971/15
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