Umsetzung der CSR-Richtlinie auf der Zielgeraden – prüft der Aufsichtsrat künftig selbst?
Mit Beginn des Jahres 2017 unterliegen große – insbesondere börsennotierte – Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern der CSR-Berichterstattungspflicht. So sieht es ein laufendes Gesetzgebungsverfahren zur Umsetzung der EU-CSR-Richtlinie vor, dessen Verabschiedung zum Jahreswechsel 2016/2017 vollzogen sein soll. Nach dem Regierungsentwurf geht mit der Pflicht zur CSR-Berichterstattung zukünftig auch die Pflicht des Aufsichtsrats einher, diese nichtfinanzielle Berichterstattung – genauso wie die finanzielle – inhaltlich zu prüfen.
Diese besondere Art der Umsetzung der EU-Vorgaben durch den deutschen Gesetzgeber ist nicht unumstritten. In den letzten Wochen zeichneten sich aus dem Kreis der Unternehmen, der Abschlussprüfer, der Wissenschaft und anderer Stakeholder verschiedene Vorstellungen ab, ob und wie der Aufsichtsrat mit einer eventuellen inhaltlichen Prüfungspflicht umgehen könnte. Der Knackpunkt der Diskussion liegt insbesondere darin, dass der Aufsichtsrat für eine inhaltliche Prüfung der CSR-Berichterstattung weder über personelle noch über zeitliche Ressourcen verfügt.
Eine mögliche Lösung liegt in der Einbeziehung des gesetzlichen Abschlussprüfers in die Prüfungstätigkeit des Aufsichtsrats bezüglich der CSR-Berichterstattung. Der europäische Gesetzgeber sieht für den Abschlussprüfer nur eine Pflicht zur Überprüfung des Vorhandenseins der CSR-Berichterstattung vor. Diese Leitmaxime wird auch im deutschen Regierungsentwurf eins zu eins umgesetzt. Einzelne Corporate-Governance-Experten fordern daher lautstark eine Pflichtprüfung der CSR-Berichterstattung durch den Abschlussprüfer (vgl. z. B. Böcking/Strenger, CSR-Richtlinie unzureichend umgesetzt, BörsZ vom ).
Ob eine gesetzliche Pflicht zur inhaltlichen Prüfung der CSR-Berichterstattung durch den Abschlussprüfer tatsächlich notwendig ist, mag dahingestellt bleiben. Der Aufsichtsrat kann auch bei fehlender Prüfungspflicht durch den Abschlussprüfer auf dessen Dienste im Rahmen einer gesonderten – allerdings freiwilligen – Beauftragung zurückgreifen. Der Aufsichtsrat könnte sich allerdings ggf. mühselige Diskussionen mit dem Management hinsichtlich der Beauftragung eines externen Prüfers ersparen, sofern der geforderte Prüfungsumfang bereits gesetzlich umrissen wäre.
Mit Spannung bleibt abzuwarten, ob und wie der deutsche Gesetzgeber in den kommenden Wochen bei dieser Fragestellung noch Anpassungen vornehmen wird. Dass dem gesetzlichen Abschlussprüfer zukünftig bei der Prüfung der CSR-Berichterstattung eine besondere Rolle zukommen wird, erscheint gewiss – mit oder ohne gesetzliche Prüfungspflicht...
Georg Lanfermann
Fundstelle(n):
WP Praxis 12/2016 Seite 1
NWB FAAAF-86489