Zwischen „Wurstlücke“ und Wirtschaft 4.0
Haben Sie auch [i]Kartellverfahren endet als Wurstgate – Gesetzgeber schließt nun die Lückevon der „Wurstlücke“ gelesen? Der Begriff gewann einige Prominenz durch das Kartellverfahren gegen Tochtergesellschaften des Fleischkonzerns Tönnies. Diese wurden zwar wegen wettbewerbsrechtlicher Verstöße zu hohen Bußgeldzahlungen verurteilt. Durch eine prompte Umstrukturierung des Unternehmens und Löschung der „schuldigen“ Teilbetriebe kann das Bundeskartellamt die Summe von rund 128 Mio. € nun allerdings nicht mehr eintreiben. Die gesetzliche Regelung, die sich hier als Vollstreckungshindernis gegen das Gesamtunternehmen erwies, ist – was für eine grandiose Wortschöpfung – die Wurstlücke. Sie soll jetzt geschlossen werden.
Auch in anderen Bereichen der Wirtschaft geht es „um die Wurst“. Die Digitalisierung zwingt immer mehr Unternehmen, ihr Geschäftsmodell anzupassen. Diese Transformationsprozesse sind weitaus komplexer als im eingangs genannten Fall. Es überrascht daher nicht, dass auf diesem Feld inzwischen auch beträchtliche Beratungsdienstleistungen angeboten werden. Die Auswirkungen der Industrie 4.0 werden viele Beteiligte treffen, den Fiskus nicht ausgenommen.
[i]Nexus-Ansatz begrenzt Vorteile aus IP-Box-RegimenBeispiele für den steuerlichen Wert richtiger Strukturen finden Sie auch in dieser Ausgabe. Der Top-Beitrag von Hofer/Weidlich widmet sich ab einem Vergleich der bisherigen europäischen IP-Box-Regime für Patente. Forschungsstarke Unternehmen können dabei bislang ihre Steuerquote durch Wahl der richtigen Struktur und konzerninterne Übertragungen werthaltiger IP-Rechte günstig gestalten. Auch der Einfluss des von der OECD propagierten modifizierten Nexus-Ansatzes wird von den Autoren untersucht.
[i]Lösung für das Problem doppelt ansässiger PersonenWie die Globalisierung örtliche Anknüpfungsmerkmale von Personen oder Gesellschaften in Unordnung zu bringen droht, zeigt für Fälle der Doppelansässigkeit die Entscheidungsbesprechung von Kahlenberg ab . Die Fragen, mit denen es der BFH zu tun hatte, sind nicht nur rechtlich interessant – es geht in diesen bilateralen oder Dreieckssachverhalten für den Fiskus um echte Nicht- oder Minderbesteuerung und also bildlich um „Fleisch am Knochen“.
[i]Risiko effektiver Doppelbesteuerung bei „verunglückter Entsendung“ von Mitarbeitern nach China Van der Ham/Ley bringen ab. ein weiteres Problem der globalen Wirtschaft auf das Tapet: Mitarbeiterentsendungen nach China sind heute gang und gäbe. „Verunglückte Entsendungen“ können unter Umständen eine Dienstleistungsbetriebsstätte des entsendenden Unternehmens auslösen, die dann in China regelmäßig einer faktischen Sollbesteuerung unterliegt. Wie sagen die Chinesen? – „Schläft das Schwein, wächst das Fleisch. Schläft der Mensch, wachsen seine Schulden.“
Ich wünsche Ihnen viele hilfreiche Erkenntnisse
Nils Henrik Feddersen
Fundstelle(n):
IWB 20 / 2016 Seite 1
EAAAF-84570