NWB Nr. 42 vom Seite 3129

Wenn Betriebsprüfer „Kasse machen“

Claudia Kehrein | Redakteurin | nwb-redaktion@nwb.de

Risikofaktoren, Infektionsrisiken und Nebenwirkungen

Während die Betriebsprüfung in den 1920iger Jahren ursprünglich mit dem Ziel der „Wiederherstellung der Steuermoral“ ihren Ausgangspunkt hatte, soll sie heute – so die Betriebsprüfungsordnung – die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sicherstellen. Diese Zweckbeschreibung klingt weniger schroff und kaschiert den moralischen Zeigefinger ein wenig. Trotzdem stellt die Betriebsprüfung einen schwerwiegenden Eingriff sowohl in die betrieblichen Abläufe als auch in die Privatsphäre dar, der zu gravierenden Konsequenzen für den Steuerpflichtigen führen kann. Ein gutes Klima während der Prüfung sollte daher die frühzeitige Einforderung von Rechtsschutz nicht ausschließen.

Der Bundesfinanzhof allerdings erhält nicht häufig Gelegenheit, in Revisionsverfahren über Rechtsfragen, die die steuerliche Außenprüfung betreffen, zu entscheiden. Doch es gibt Ausnahmen: Als bekannteste ist hier wohl die Revisionszulassung im Fall des sog. Zeitreihen-Urteils und die nachfolgende Entscheidung des X. Senats zu nennen. In jüngerer Zeit hat er sich unter anderem mit der Herausgabe von Daten aus einem Warenwirtschaftssystem und Hinzuschätzungen aufgrund von Mängeln in der Buchführung befasst. Letzteres ist zu einem echten „Dauerbrenner“ im Betriebsprüfungsverfahren geworden, die Anzahl der Schätzungen ist in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. Zu den Risikofaktoren, die dem Betriebsprüfer die Befugnis eröffnen, Einnahmen oder Ausgaben zu schätzen, zählen insbesondere Fehler in der Kassenführung. Im Rahmen der Betriebsprüfung widmen die Prüfer daher speziell der Bargeldkasse, als „Herzstück“ der Buchhaltung, breiten Raum. Insbesondere bei Unternehmern, die überwiegend Bargeldgeschäfte tätigen, besteht die Gefahr, dass eine als fehlerhaft beurteilte Kassenführung die Ordnungsmäßigkeit der gesamten Buchhaltung infiziert. Auf stellt Nöcker die aktuelle Rechtsprechung dar und zeigt die verschiedenen Rechtsschutzmöglichkeiten in der Betriebsprüfung auf.

Eine weitere Infektionsgefahr, mit der sich der Bundesfinanzhof zuletzt in mehreren Entscheidungen auseinanderzusetzen hatte, stellt die gewerbliche Infizierung der Einkünfte einer Personengesellschaft dar. Die Nebenwirkungen aufgrund der Umqualifikation der Einkünfte können dabei sowohl positiv als auch negativ sein. So erfolgt zwar auf der einen Seite eine vollständige Verstrickung der Wirtschaftsgüter als steuerliches Betriebsvermögen, was eine eventuelle steuerfreie Realisierung von Veräußerungsgewinnen ausschließt. Auf der anderen Seite bietet die Umqualifikation jedoch auch Möglichkeiten für eine steueroptimierte Vermögensübertragung. Mit den Symptomen der Gewerblichkeitsfiktion, insbesondere der Frage nach einer Bagatellgrenze, setzt sich Weiss auf auseinander.

Beste Grüße

Claudia Kehrein

Fundstelle(n):
NWB 2016 Seite 3129
PAAAF-83778