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Online-Nachricht - Freitag, 19.08.2016

Sozialrecht | Keine Investitionskosten in Abrechnung gegenüber Pflegebedürftigen (BVerfG)

Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, auf Grundlage des § 82 Abs. 2 und 3 SGB XI in der bis zum geltenden Fassung gegenüber Pflegebedürftigen die kalkulatorische Berechnung von Eigenkapitalzinsen, von Rückstellungen für spätere Investitionen sowie von Pauschalen für Instandhaltungsmaßnahmen neben den tatsächlich angefallenen Kosten nicht zuzulassen (, 1 BvR 618/12).

Sachverhalt und Verfahrensgang: Die Beschwerdeführerin betreibt Einrichtungen der Behinderten- und Altenpflege und beantragte ohne Erfolg, den Pflegebedürftigen Investitionsaufwendungen in Form von Erbbauzinsen, Eigenkapitalzinsen und Rückstellungen für künftige Investitionen sowie Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen kalkulatorisch statt nach den tatsächlichen Kosten jeden Jahres berechnen zu dürfen. Mit den angegriffenen Entscheidungen vom erkannte das BSG lediglich die gesonderte Berechnung von Investitionsaufwendungen für Erbbauzinsen an und wies im Übrigen die Klagen ab. Das BVerfG nahm die Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung an.

Hierzu führten die Richter des BVerfG weiter aus:

  • Die hier angegriffenen Entscheidungen des BSG lassen einen Verfassungsverstoß nicht erkennen.

  • Auf Grundlage einer methodisch einwandfreien Auslegung des Wortlauts des § 82 SGB XI a.F. können nur tatsächlich angefallene Kosten, die weder durch Vergütungen oder Entgelte noch mittels Förderung durch das Land abgegolten sind, dem Pflegebedürftigen berechnet werden. Kalkulatorische Kosten in Form von Rücklagen für künftige Investitionen und Instandhaltungen, Abschreibungen und Eigenkapitalzinsen dürfen nicht umgelegt werden. Das ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

  • Entgegen dem Vortrag der Beschwerdeführerin wird Art. 14 GG nicht durch die von ihr beanstandete Auslegung des damaligen Gesetzeswortlauts verletzt, denn dadurch wird keines ihrer konkreten Eigentumsrechte geschmälert, sondern allenfalls bilanziell anders bewertet.

  • Eine Verletzung von Art. 12 GG ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die Urteile des BSG erlauben an anderer Stelle eine Einbeziehung aller drei streitbefangenen Aufwendungen und berühren insoweit die Berufsausübung nicht.

  • Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist ebenfalls nicht zu erkennen. Zur denkbaren Ungleichbehandlung von Eigen- und Fremdkapital oder zwischen geförderten und nicht geförderten Pflegeeinrichtungen haben die Verfassungsbeschwerden weder hinreichend vorgetragen noch deren sachliche Rechtfertigung durch das Ziel der Vermeidung einer Doppelfinanzierung erwogen.

Quelle: BVerfG, Pressemitteilung Nr. 56/2016 v. (Sc)

Hinweis

Mit Wirkung zum hat der Bundesgesetzgeber die Umlagefähigkeit von Kapitalkosten (§ 82 Abs. 3 S. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 SGB XI) sowie die Umlagefähigkeit von Erbbauzinsen (§ 82 Abs. 3 S. 1 SGB XI) explizit aufgenommen. Außerdem hat der Gesetzgeber die Möglichkeit für den Landesgesetzgeber geschaffen, bei der Berechnung von Aufwendungen pauschalierte Instandhaltungs- und Instandsetzungsaufwendungen zu berücksichtigen (§ 82 Abs. 3 S. 3 Hs. 2 SGB XI).

Den Volltext des Urteils können Sie auf der Homepage des BVerfG einsehen.

Fundstelle(n):
UAAAF-80256