Kindergeld | Keine Abzweigung bei fehlender Bedürftigkeit des Kindes (FG)
Das Kind hat keinen Anspruch auf Abzweigung des Kindegeldes, wenn
es nicht bedürftig ist (;
Revision zugelassen).
Hintergrund: Eine Abzweigung nach § 74 Abs. 1 Satz 1 EStG erfordert, dass der Kindergeldberechtigte gegenüber dem Kind seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt.
Sachverhalt: Die Klägerin begann im August 2013 eine Banklehre. Im Februar 2014 beantragte sie bei der Familienkasse die Abzweigung des Kindergelds aus dem Anspruch ihrer Mutter an sich selbst und teilte mit, dass sie inzwischen in einer eigenen Wohnung lebe. Nachdem die Mutter der Klägerin angegeben hatte, dass sie dieser Barunterhalt und Sachleistungen gewähre, lehnte die Familienkasse die Abzweigung ab. Hiergegen machte die Klägerin geltend, dass weder ihre Mutter noch ihr Vater Barunterhalt leisteten. Ihre Mutter übernehme allein den Familien-Mitgliedsbeitrag für ein Balletstudio in Höhe von 90 € pro Monat. Die Klage auf Abzweigung des Kindergelds in Höhe von 99 € monatlich (Differenzbetrag zwischen Kindergeld von 184 € und dem Einzelbeitrag für das Balletstudio) hatte keinen Erfolg.
Hierzu führten die Richter des FG Düsseldorf weiter aus:
Die Mutter der Klägerin hat ihre Unterhaltspflicht nicht verletzt, da die Klägerin infolge ihrer Ausbildungsvergütung von monatlich 850 € nicht bedürftig gewesen ist.
Die Mutter ist einer 400 €-Tätigkeit nachgegangen. Hiervon musste sie zwei minderjährige Kinder und einen studierenden Sohn unterhalten.
Der Abzweigungsanspruch ergibt sich auch nicht daraus, dass die Kindergeldberechtigte mangels Leistungsfähigkeit keinen oder einen das Kindergeld unterschreitenden Unterhalt geleistet hat.
Eine Abzweigung scheidet aus, wenn eine Unterhaltsverpflichtung aus anderen Gründen, insbesondere mangels Bedürftigkeit des Kindes, entfällt.
Schließlich kann der Tatbestand der Abzweigung auch nicht analog angewendet werden: Dies wird zwar für den Fall diskutiert, dass der - aus anderen Gründen nicht leistungsverpflichtete - Kindergeldberechtigte das Kindergeld nicht für das betreffende Kind verwendet. Im Fall des nicht bedürftigen Kindes ist die entsprechende Anwendung jedoch nicht geboten. Eines direkten Zugriffs auf das Kindergeld bedarf es nicht.
Quelle: FG Düsseldorf online sowie Newsletter Mai 2016 (il)
Auch eine analoge Anwendung des § 74 Abs. 1 EStG kam vorliegend nicht infrage. Dies wird zwar für den Fall diskutiert, dass der - aus anderen Gründen nicht leistungsverpflichtete - Kindergeldberechtigte das Kindergeld nicht für das betreffende Kind verwendet. Im Fall des nicht bedürftigen Kindes ist die entsprechende Anwendung der Norm jedoch nicht geboten. Das FG hat die Revision zum BFH zugelassen. Das Urteil ist auf der Homepage des FG Düsseldorf veröffentlicht. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.
Fundstelle(n):
JAAAF-72741