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Grundlagen - Stand: 12.08.2024

Sozialversicherungsrechtliche Betriebsprüfung

Dirk Beyer

I. Definition der sozialversicherungsrechtlichen Betriebsprüfung

Der Zweck der Betriebsprüfung besteht in der Klärung, ob die Beiträge zur Sozialversicherung rechtszeitig und vollständig erhoben wurden. Betroffen sind alle Wirtschaftszweige. Aufgrund der Besonderheiten des Personaleinsatzes werden oftmals insbesondere Betriebe der Bauwirtschaft, Gastronomie und des Taxigewerbes kritisch geprüft. Im Einzelfall können aufgrund von Säumniszuschlägen von 12 % pro Jahr und langer Festsetzungsfristen von bis zu 30 Jahren erhebliche Nachzahlungen drohen. Parallel ergeben sich oft auch Nachforderungen des Finanzamtes aufgrund von folgenden Lohnsteuer-Außenprüfungen. Wenn im Einzelfall außerdem ein Bußgeld- oder Strafverfahren droht, wird durch die Gesamtforderung in manchen Fällen die wirtschaftliche Existenz des Betriebes betroffen. Dies ist natürlich nicht der Regelfall. Es sollte in der Beratung allerdings berücksichtigt werden, dass das Arbeitgeber mit verschiedenen Entscheidungsträgern zu tun haben kann und damit weitere Liquiditätsbelastungen drohen können.

II. Örtliche Zuständigkeit der Prüfbehörden

Die zutreffende Höhe der Gesamtsozialversicherungsbeiträge wird von der Deutschen Rentenversicherung Bund (mit verschiedenen Standorten in Deutschland) und durch die regionalen Versicherungsträger der Bundesländer (Regionalträger) geprüft (§ 28p SGB IV). Die konkrete Zuständigkeit richtet sich nach den Betriebsnummern, um Mehrfachprüfungen zu verhindern:

  • Die Prüfung bei Betrieben mit den Endziffern 0 bis 4 erfolgt durch die Deutsche Rentenversicherung Bund;

  • die Betriebe mit den Endziffern 5 bis 9 werden durch die Regionalträger geprüft.

Bei Arbeitgebern, deren Entgeltabrechnungen durch eine Abrechnungsstelle erfolgen, ist die Betriebsnummer der Abrechnungsstelle entscheidend. Abrechnungsstellen können z. B. Steuerberater oder Buchhaltungsbüros sein.

III. Häufigkeit der Prüfungen

Im Grundsatz werden größere Betriebe häufiger geprüft als kleine. Das Gesetz sieht vor, dass mindestens alle vier Jahre Arbeitgeber mit mehr als 19 Beschäftigten geprüft werden sollen. Für kleinere Arbeitgeber soll in diesem Turnus zumindest eine Quote von 40 % erreicht werden. Geprüft werden grundsätzlich die Arbeitgeber. Wenn jedoch Abrechnungsstellen wie z. B. Steuerberater im Auftrag des Arbeitgebers Löhne und Gehälter abrechnen oder Meldungen erstatten, sind auch diese Abrechnungsstellen zu prüfen (§ 28p Abs. 6 SGB IV). Die Abrechnungsstelle muss dem Rentenversicherungsträger – ebenso wie der Arbeitgeber – angemessen Prüfhilfe leisten.

Hinweis:

Umgekehrt bedeutet der 4-Jahres-Turnus kein Verbot für die Prüfbehörde, auch schon früher zu prüfen. Dies geschieht in der Praxis z. B. durch sog. Ad-hoc-Prüfungen nach Zufallserwägungen, Branchenprüfungen, bei Einstellung des Betriebes oder wenn sonstige Unregelmäßigkeiten auftreten.

IV. Prüfungsgegenstände und typische Prüfungsschwerpunkte

Die Prüfungsgegenstände führt § 28p SGB IV auf:

  • Gesamtsozialversicherungsbeiträge/Meldungen

    Hierzu zählen die Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Insofern werden die Beschäftigungsverhältnisse überprüft. Es wird geprüft, ob die zutreffende Höhe des Arbeitsentgeltes zugrunde gelegt wurde (diese richtet sich z. B. nach Tarifvertrag oder nach Regelungen zum Mindestlohn). Auch werden die zeitliche Zuordnung der Arbeitsentgelte, die vorgenommenen Meldungen und die zu führenden Entgeltunterlagen überprüft. Ob eine Person Beschäftigter (und dann stets der Sozialversicherung unterliegt) oder Selbständiger ist, richtet sich nach einer Vielzahl von Kriterien, die das Bundessozialgericht (BSG) herausgearbeitet hat. Im Kern geht es darum, ob der Betreffende weisungsgebunden ist und in den Betrieb eingegliedert ist (vgl. § 7 Abs. 1 SGB IV). Die Kriterien zur Beurteilung dieser Fragen sind zu vielfältig, um sie hier darzulegen. Es wird auf die Darstellung bei Wenning, infoCenter „Arbeitnehmer”, verwiesen. Entscheidend ist, dass nicht die Bezeichnung als z. B. „Werkvertragsunternehmer”, sondern die tatsächliche Handhabung maßgebend ist. Im Einzelfall können auch Selbständige der Sozialversicherung unterliegen.

  • Künstlersozialversicherung

    Hierzu zählen die Meldungen nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG).

  • Unfallversicherung

    Die Prüfbehörden informieren die Träger der Unfallversicherung über die Prüfungsfeststellungen, damit die Unfallversicherungsträger dann ihre entsprechenden Bescheide erlassen können.

  • Insolvenzgeldumlage

  • Umlage U1 (Entgeltfortzahlung)

  • Umlage U2 (Mutterschutz).

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