Kaufpreisaufteilung auf Gebäude und Grund und Boden – Trauen Sie niemandem!
[i]Höhe der AfA und anschaffungsnahen AufwendungenDie Aufteilung eines Kaufpreises für eine Immobilie hat in der Praxis enorme Bedeutung: Sie ist zum einen für die Höhe der AfA relevant, da diese nur auf das Gebäude vorgenommen werden kann, nicht aber auf den Grund und Boden. Und sie ist zum anderen für die Prüfung anschaffungsnaher Aufwendungen im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG wichtig, weil sich die gesetzliche 15 %-Grenze nach den Anschaffungskosten des Gebäudes bemisst. Wer also noch sanieren oder modernisieren will, muss die auf das Gebäude entfallenden Anschaffungskosten kennen, um den Umfang seiner Baumaßnahmen daran ausrichten zu können.
Eine [i]Stecken Käufer und Verkäufer unter einer Decke?vertragliche Aufteilung des Kaufpreises durch die Vertragspartner stößt häufig auf das Misstrauen der Finanzverwaltung. Die Finanzverwaltung befürchtet nämlich, dass Käufer und Verkäufer den Gebäudepreis einvernehmlich nach oben „pushen“: Für den Käufer ist ein höherer Gebäudeanteil steuerlich vorteilhaft, und der Verkäufer kann aufgrund seines Entgegenkommens bei der Kaufpreisaufteilung das Kaufinteresse des Erwerbers oder den Kaufpreis steigern.
Der [i]BFH, Urteil vom 16. 9. 2015 - IX R 12/14 NWB YAAAF-19026 Bundesfinanzhof hat jüngst in einer für ihn typischen „Zwar-aber“-Entscheidung eine vertragliche Kaufpreisaufteilung „zwar“ akzeptiert. Eine vertragliche Kaufpreisaufteilung muss „aber“ wirtschaftlich haltbar sein. Mit anderen Worten: Die Aufteilung darf nicht ohne weiteres zu einer Abweichung von den Bodenrichtwerten führen.
Da [i]Arbeitshilfe des BMF zur Kaufpreisaufteilung NWB LAAAE-61859 passt es nun gut ins Bild, dass die Finanzverwaltung ein im Januar 2016 aktualisiertes „Tool“ online zur Aufteilung anbietet, also ein Werkzeug – denn nichts anderes heißt „tool“ im Englischen. Mit diesem Werkzeug – auf der Basis von Microsoft Excel – kann man nun schon vor der geplanten Aufteilung des Kaufpreises oder aber zumindest vor dem Beginn der Baumaßnahmen ermitteln, welcher Gebäudeanteil sich ergeben wird.
Während [i]Aufteilungsgrundlage ist unklardie Finanzverwaltung also der Kaufpreisaufteilung des Steuerbürgers misstraut, erwartet sie hingegen hier nun, dass die Bürger dem Tool vertrauen. Und genau da stellt sich das Problem: Denn auf welcher Grundlage teilt das Tool eigentlich den Kaufpreis auf? Man gibt einige Zahlen ein und erhält dann ein Aufteilungsergebnis, ohne dass klar wird, wie die Eingaben von dem Excel-Tool gewürdigt wurden. Nach Angaben des BMF stellt das Ergebnis eine „qualifizierte Schätzung“ dar; immerhin hat das BMF diese Selbsteinschätzung durch eine fünfseitige Bedienungsanleitung zu dem Tool untermauert.
Möglicherweise [i]Kritik des DStV vom 22. 2. 2016 NWB IAAAF-67187 rechnet sich die Finanzverwaltung die Kaufpreisaufteilung aber genauso schön wie die Vertragspartner des Immobilienkaufs. Der Deutsche Steuerberaterverband e. V. hat jedenfalls schon mehrfach das Berechnungs-Tool kritisiert, zuletzt am 22. 2. dieses Jahres. In BBK 17/2014 hatten Burkhardt/Müller/Schuster die erste S. 306Auflage der Excel-Arbeitshilfe der Finanzverwaltung ausführlich analysiert; eine Analyse der aktuellen Version des Excel-Tools ist für eine spätere BBK-Ausgabe in Vorbereitung.
Der [i]Burkhardt/Müller/Schuster, Kaufpreisaufteilung bei bebauten Grundstücken – Anmerkungen zur Arbeitshilfe des BMF vom 11. 4. 2014, BBK 17/2014 S. 810 NWB PAAAE-71997 BFH hat in seinem Urteil aus dem September 2015 verschiedene Kriterien genannt, die bei der Aufteilung des Kaufpreises eine Rolle spielen können. Hierzu gehören z. B. die besonderen Ausstattungsmerkmale des Gebäudes, eine eingeschränkte Nutzbarkeit wegen bestehender Mietverträge oder aber auch der Wohnwert des Gebäudes „im Kontext“ der Nachbarschaft – gemeint sind der Straßenlärm, soziale Einrichtungen oder aber die besondere Ruhe wegen einer benachbarten Grünanlage. Auch eine gepflegte Gartenanlage oder ein störender Baumbestand können nach dem BFH die Kaufpreisaufteilung beeinflussen. Im Excel-Tool der Finanzverwaltung finden Sie hierzu nichts.
Im [i]FA verlangt SachverständigengutachtenErgebnis läuft das gegenseitige Misstrauen also darauf hinaus, dass Sachverständigengutachten erforderlich werden. Die Finanzverwaltung hält das Tool-Ergebnis nämlich für „sachverständig begründet widerlegbar“. Derartige Sachverständigengutachten kosten nun aber wieder viel Geld, und sie werden häufig erst nachträglich erstellt, wenn es bei der Veranlagung zum Streit mit dem Finanzamt kommt. Für die Planung von Sanierungsmaßnahmen ist es dann aber schon zu spät. Beauftragt man den Sachverständigen hingegen schon im Zeitpunkt des Kaufvertrags, wird die Finanzverwaltung dieses Gutachten als sog. Privatgutachten häufig nicht akzeptieren und ihrerseits den Bausachverständigen des Finanzamts mit einem „Gegengutachten“ beauftragen.
Virtuelle Berechnungshilfen der Finanzverwaltung helfen so also nicht viel weiter, sondern tragen nur zur weiteren Verkomplizierung bei. Sie können Ihnen als Nutzer zwar einen ersten Anhaltspunkt bieten – mehr aber auch nicht. Bleiben Sie misstrauisch!
Beste Grüße
Bernd Rätke
Fundstelle(n):
BBK 2016 Seite 305 - 306
LAAAF-69733