NWB Nr. 13 vom Seite 905

„Das BVerfG hat das Wort?

Fritz Schmidt | Steuerberater, Dipl.-Volkswirt | Geschäftsführer der WTS Wohnungswirtschaftliche Treuhand Stuttgart GmbH

Der Vorlagebeschluss des BFH wegen der vermuteten Verfassungswidrigkeit der Zinsschranke

Noch hat das BVerfG nicht entschieden, es steht aber zu erwarten, dass es – wie bei der Erbschaftsteuer oder der Grunderwerbsteuer bei Fusionen – auch bei der Zinsschranke die Verfassungswidrigkeit feststellt. Es ist ein trauriger Befund, aber inzwischen werden fast im Jahresrhythmus wichtige Steuergesetze als verfassungswidrig entlarvt.

In den internationalen Steuerabteilungen dürfte die Einführung der Zinsschranke mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 nicht einmal ein müdes Lächeln hervorgerufen haben, sondern eher schallendes Gelächter über die Naivität des deutschen Gesetzgebers. Die Steuervermeidung erfolgte und erfolgt ja gerade in Zusammenarbeit mit den europäischen Partnern (Dublin-Docks, Lux-Leaks) und wenn Steuern nicht mehr durch Zinszahlungen zu vermeiden waren, dann eben über Lizenzgebühren. Dagegen trieb die Zinsschranke dem Berater von Inlandsfällen den Angstschweiß auf die Stirn, wenn er feststellte, dass der Zinssaldo unerwartet wegen zusätzlichen Finanzierungsbedarfs die 3 Mio.-Grenze überschritten hatte oder wegen einer plötzlichen Ertragsschwäche das EBITDA nicht mehr ausreichte, um den Zinsaufwand in vollem Umfang abzuziehen. Gerade in der Krise wurden dann Unternehmen zusätzlich mit Steuerzahlungen belastet, obwohl ihre Leistungsfähigkeit gelitten hatte. Dass der Gesetzgeber diesen schwerwiegenden Mangel und Kollateralschaden bei den Inlandsfällen nicht bemerkt haben soll, erstaunt.

Für den Praktiker ist – außerhalb der verfassungsrechtlichen Fragestellung – Hauptproblem der Zinsschranke, dass die Steuerbelastung der betroffenen Unternehmen nicht mehr planbar ist bzw. die Finanzierung so geplant werden muss, dass es auch in Ausnahmefällen nicht zum Greifen der Zinsschranke kommt. Der Finanzierungsbedarf eines Unternehmens ist aber bei Inlandsfällen nicht durch Steuervermeidungsstrategien begründet, sondern durch betriebliche Notwendigkeiten. Durch die Zinsschranke sind die Steuerzahlungen von der Leistungsfähigkeit des Unternehmens entkoppelt, was nach dem Vorlagebeschluss des BFH zu Zweifeln an der Verfassungskonformität führt.

Ein anderer Kritikpunkt ist, dass Gesetzgeber und Verwaltung mit dem betriebswirtschaftlichen Konzept der Zinsschranke und den damit verbundenen Wirkungen überfordert sind, vergleiche hierzu den Aufsatz „Zinsschranke und 6b-Rücklage“ in diesem Heft auf oder „Die Zinsschranke im Fokus der Betriebsprüfung“ ().

Es ist, auch aus Wettbewerbsgesichtspunkten, natürlich richtig und geboten, gegen die internationale Steuervermeidung vorzugehen. Die Zinsschranke ist dazu aber ein ungeeignetes Mittel, weil ebenso reine Inlandsfälle betroffen sind. Zielführend wäre es, auf europäischer Ebene energisch gegen das Steuerdumping vorzugehen und die reinen Inlandsfälle sofort von der Anwendung der Zinsschranke auszunehmen.

Fritz Schmidt

Fundstelle(n):
NWB 2016 Seite 905
NWB GAAAF-69324