BFH Beschluss v. - IX B 111/15

Verletzung des rechtlichen Gehörs wegen Nichtgewährung einer Schriftsatzfrist

Leitsatz

Soll ein in der mündlichen Verhandlung beantragter Schriftsatznachlass nicht dazu dienen, auf überraschende Ermittlungen des FG zu reagieren, sondern lediglich dazu, auch schon vor der mündlichen Verhandlung möglichen und angesichts der streitigen Rechtsfragen angezeigten Tatsachenvortrag vorzubringen und zu belegen, so verletzt die Nichtgewährung des Schriftsatznachlasses nicht das rechtliche Gehör.

Gesetze: FGO § 96 Abs. 2, FGO § 119 Nr. 3, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, GG Art. 103 Abs. 1

Instanzenzug:

Gründe

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erachten es zu Unrecht als verfahrensfehlerhaft (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der FinanzgerichtsordnungFGO— i.V.m. Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, §§ 96 Abs. 2, 119 Nr. 3 FGO), dass das Finanzgericht (FG) im Vorfeld der mündlichen Verhandlung selbst eine Internetrecherche und Augenscheinseinnahme eines einschlägigen Gastgeberjournals zur entscheidungserheblichen Frage des Vorliegens ortsüblicher Vermietungszeiten durchgeführt, in der mündlichen Verhandlung eingeführt und hierzu den beantragten Schiftsatzfristnachlass nicht gewährt hat. Denn damit, dass es auf das Vorliegen ortsüblicher Vermietungszeiten ankommt, mussten die fachkundig vertretenen Kläger schon wegen der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) rechnen. Gleichwohl haben sie hierzu nichts vorgetragen. Das FG hat in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, dass seine Ermittlungen ergeben hätten, dass es im relevanten Bereich keine weitere, auf dem üblichen Markt angebotene Ferienwohnung gebe. Neben dem Internet hat das FG hierbei das einschlägige Gastgeberjournal herangezogen. Hierzu konnten die Kläger in der mündlichen Verhandlung hinreichend Stellung nehmen. Dass das FG keine Schriftsatzfrist gewährte, um den Klägern erneut Gelegenheit zu geben, eigene Recherchen zu ortsüblichen Vermietungszeiten anzustellen, stellt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar. Denn die Frist hätte nicht dazu gedient, auf überraschende Ermittlungen des FG zu reagieren, sondern lediglich dazu, auch schon vor der mündlichen Verhandlung möglichen und angezeigten Sachvortrag vorzubringen und zu belegen (, BFH/NV 2013, 569, Rz 8, m.w.N.).

3 Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2016 S. 770 Nr. 5
FAAAF-69012