OFD Frankfurt/M. - S 2337 A - 67 - St 213

Entschädigungszahlungen an die zur Durchführung von Statistiken eingesetzten Erhebungsbeauftragten

Mikrozensus und Zensus 2011

1. Zensus 2011

Nach dem Zensusgesetz vom (ZensG 2011 – BGBl 2009 I S. 1781) war im Jahre 2011 eine Bevölkerungs-, Gebäude- und Wohnungszählung durchzuführen. Die Erhebung der Daten (z. B. Alter, Schulabschluss, Wohnfläche) erfolgt u. a. durch Erhebungsbeauftragte, die für ihre Tätigkeit eine Aufwandsentschädigung erhalten.

§ 11 Abs. 4 ZensG 2011 bestimmt, dass die Erhebungsbeauftragten bei ehrenamtlichem Einsatz eine steuerfreie Aufwandsentschädigung nach § 3 Nr. 12 S. 2 EStG erhalten.

Die nach dem ZensG 2011 gezahlten Aufwandsentschädigungen sind nach bundeseinheitlicher Abstimmung nicht grundsätzlich in voller Höhe nach § 3 Nr. 12 EStG steuerfrei.

Da die Höhe der Aufwandsentschädigung nach Auskunft des Hessischen Statistischen Landesamts in Hessen nicht in einem Gesetz oder einer Rechtsverordnung geregelt ist, sondern von den Städten und Gemeinden in eigener Zuständigkeit bestimmt wird, ist R 3.12 Abs. 3 S. 3 LStR anzuwenden, wonach in der Regel ohne weiteren Nachweis ein steuerlich anzuerkennender Aufwand von 175 € monatlich angenommen werden kann. Die Steuerpflichtigen haben jedoch die Möglichkeit, höhere abziehbare Erwerbsaufwendungen glaubhaft zu machen, R 3.12 Abs. 4 LStR.

Wird der steuerfreie Monatsbetrag von 175 € nicht ausgeschöpft, kann er nach R 3.12 Abs. 3 Sätze 8 und 9 LStR in andere Monate derselben Tätigkeit im selben Kalenderjahr übertragen werden; maßgebend für die Ermittlung der Anzahl der dabei in Betracht kommenden Monate ist die Dauer der ehrenamtlichen Funktion bzw. Ausübung im Kalenderjahr.

Nach einem Beschluss der Einkommensteuer-Referatsleiter ist die Anwendung des § 3 Nr. 26 und 26a EStG auf die Aufwandsentschädigung ausgeschlossen.

Eine Anwendung des § 3 Nr. 26a EStG kommt nicht in Betracht, da es sich bei der Tätigkeit im Dienste oder Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts nicht um eine Tätigkeit zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke i. S. d. §§ 52 bis 54 AO handelt.

Bereits in 2008 hatten die Einkommensteuer-Referatsleiter beschlossen, dass es für die Gewährung der Steuerbefreiung entsprechend dem Gesetzeswortlaut nicht ausreicht, dass eine Tätigkeit vorliegt, die in den Hoheitsbereich einer juristischen Person des öffentlichen Rechts fällt, vielmehr muss daneben die Tätigkeit der Förderung eines steuerbegünstigen Zwecks i. S. d. §§ 52 bis 54 AO dienen. Die Durchführung einer Befragung im Rahmen des Zensus stellt keinen in diesen Normen benannten steuerbegünstigten Zweck dar.

Die Gewährung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26 EStG ist bereits im Hinblick darauf zu versagen, dass Erhebungsbeauftragte nicht zu dem nach dieser Vorschrift begünstigten Personenkreis gehören.

Hinsichtlich der in Betracht kommenden Tätigkeitszeiträume der ehrenamtlichen Tätigkeit sind vier Fallvarianten zu unterscheiden:

  1. Der überwiegende Teil der Beauftragten ist in der Zeit von März bis August 2011 tätig

  2. Wer Rückfragen nach Unstimmigkeiten durchzuführen hat, ist in der Zeit von Januar bis Juli 2012 beschäftigt

  3. Wiederholungsbefragungen werden in der Zeit von Mai bis November 2011 durchgeführt

  4. In Ausnahmefällen und bei Ersatzvornahmen bei der Gebäude- und Wohnungszählung (GWZ) kann der Einsatzzeitraum Oktober 2011 bis Juli 2012 sein

Da nicht alle Erhebungen parallel ablaufen, ist auch eine Teilnahme an verschiedenen Erhebungsteilen möglich.

Der im Einzelfall in Frage kommende Tätigkeitszeitraum wird sich aus der vom Hessischen Statistischen Landesamt erstellten „Bescheinigung zur Vorlage an die Finanzämter” ergeben.

Der steuerpflichtige Teil der Einkünfte der Erhebungsbeauftragten für den Zensus 2011 ist nach bundeseinheitlicher Abstimmung im Rahmen der sonstigen Einkünfte gemäß § 22 Nr. 3 EStG zu versteuern.

Wie mir bekannt wurde, hat das Hessische Statistische Landesamt fehlerhafte bzw. missverständliche Bescheinigungen über die gezahlten Entschädigungen ausgestellt. Hinsichtlich der Steuerfreiheit der Entschädigungen heißt es dort:

„Diese Aufwandsentschädigung ist gemäß § 6 Abs. 2 Mikrozensusgesetz vom (BGBl 1996 I S. 34) im Sinne des § 3 Nr. 12 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes in Verbindung mit Abschnitt 13 Abs. 4 Lohnsteuerrichtlinien (LStR) steuerfrei zu belassen.”

Mit dem Zitat des Mikrozensusgesetzes von 1996 und Abschnitt 13 LStR werden veraltete Rechtsgrundlagen angegeben. Der Hinweis auf § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG impliziert zwar, dass nur ein Teil der Zahlungen steuerfrei zu belassen ist. Für nicht fachkundige Steuerpflichtige ist dies jedoch nicht erkennbar und es entsteht der Eindruck, der Gesamtbetrag sei steuerfrei.

Ich bitte, die diesbezüglichen Ausführungen in den Bescheinigungen des Hessischen Statistischen Landesamtes nicht zu beachten und weiterhin von der vorstehend dargestellten Verwaltungsauffassung auszugehen.

2. Mikrozensus

Nach § 1 des Mikrozensusgesetzes 2005 (MZG 2005) werden in den Jahren 2005 bis 2016 Erhebungen auf repräsentativer Grundlage (Mikrozensus) über die Bevölkerung, den Arbeitsmarkt sowie die Wohnsituation der Haushalte als Bundesstatistik durchgeführt. Nach § 6 Abs. 2 MZG erhalten ehrenamtlich eingesetzte Erhebungsbeauftragte für ihre Tätigkeit eine steuerfreie Aufwandsentschädigung im Sinne des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG.

Hinsichtlich der Steuerfreiheit dieser Aufwandsentschädigungen gelten die vorstehenden Ausführungen zum Zensus 2011 entsprechend mit der Maßgabe, dass der Betrag von 175 € ab auf 200 € erhöht wurde.

Hinsichtlich der Frage, welcher Einkunftsart die steuerpflichtigen Teile der Aufwandsentschädigungen zuzuordnen sind, ist lediglich geklärt, dass es sich nicht um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 EStG handelt. Im Übrigen ist die Zuordnung zur Einkunftsart nach den Umständen des Einzelfalls (i. d. R. sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 3 EStG) vorzunehmen.

Auch in diesem Zusammenhang wurden vom Hessischen Statistischen Landesamt fehlerhafte bzw. missverständliche Bescheinigungen ausgestellt. Hinsichtlich der darin angesprochenen Steuerfreiheit sind diese Bescheinigungen nicht zu beachten. Es ist vielmehr die vorstehende Verwaltungsauffassung maßgeblich..

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Fundstelle(n):
MAAAF-68551