Instanzenzug:
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahre an eine Person unter 18 Jahren in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in drei Fällen und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in einem weiteren Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Nach den Feststellungen kaufte der Angeklagte in der Zeit von November 2014 bis zum 13. März 2015 in der Absicht, sich dadurch eine fortlaufende Einnahmequelle zu sichern, in vier Fällen jeweils 50 Gramm Marihuana, um dieses anschließend in kleineren Mengen gewinnbringend weiterzuverkaufen und teilweise selbst zu konsumieren. Im Tatzeitraum verkaufte er aus drei zuvor erworbenen Gesamtmengen von jeweils etwa 50 Gramm Marihuana unter anderem in 20 Fällen jeweils ca. ein Gramm gewinnbringend an den am 10. März 1998 geborenen H. . Dabei war ihm bekannt, dass H. unter 18 Jahre alt war (Fälle II.1 bis II.3 der Urteilsgründe). Bei seiner Festnahme am 13. März 2015 hatte der Angeklagte 46,55 Gramm Marihuana mit einem THC-Anteil von 10,33 Gramm bei sich, das jedenfalls überwiegend zum Verkauf bestimmt war (Fall II.4 der Urteilsgründe).
32. Der Schuldspruch war - wie aus der Beschlussformel ersichtlich - abzuändern, weil das Landgericht mit der Annahme, der Angeklagte habe aus drei Ankäufen von Marihuana Abverkäufe an den Minderjährigen H. getätigt, nicht von der für den Angeklagten günstigsten Fallgestaltung ausgegangen ist und damit gegen den in-dubio-Grundsatz verstoßen hat (vgl. , Rn. 6; Beschluss vom 3. Juli 2014 - 4 StR 191/14, NStZ 2014, 702; Beschluss vom 19. November 1996 - 1 StR 572/96, BGHR StGB § 52 Abs. 1 in dubio pro reo 7; Beschluss vom 15. April 1987 - 3 StR 138/87, BGHR StGB § 52 Abs. 1 in dubio pro reo 1).
4a) Die Strafkammer hat ihre Überzeugung von den Abverkäufen an den Minderjährigen H. (jeweils Taten nach § 30 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG) auf dessen für glaubhaft gehaltene Angaben in der Hauptverhandlung gestützt. Dieser hatte bekundet, ab Weihnachten 2014 in 20 Fällen jeweils ein Gramm Marihuana bei dem Angeklagten gekauft zu haben. Da das Landgericht die drei ersten Ankäufe von jeweils 50 Gramm Marihuana (Fälle II.1 bis II.3 der Urteilsgründe) zeitlich nicht näher einzugrenzen vermochte und die Abverkäufe an H. nur in einem Teilabschnitt des Tatzeitraumes stattfanden, hätte es annehmen müssen, dass die ersten beiden Ankäufe vor Weihnachten 2014 erfolgten und alle Abverkäufe an H. (insgesamt 20 Gramm Marihuana) nur aus dem letzten noch nicht sichergestellten Ankauf von 50 Gramm Marihuana vorgenommen wurden, sodass der Angeklagte lediglich im Fall II.3 der Urteilsgründe des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige schuldig ist (vgl. , NStZ-RR 2013, 347, 348; Beschluss vom 17. Juni 2003 - 2 StR 94/03, NStZ 2004, 105).
5b) Der Senat ändert den Schuldspruch unter Verzicht auf eine ausdrückliche Kennzeichnung der gleichartigen Tateinheit entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da der Angeklagte sich nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Dass die Strafkammer den Angeklagten im Fall II.4 der Urteilsgründe nicht wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG verurteilt hat, beschwert ihn nicht.
63. Für die beiden ersten Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Fälle II.1 und 2 der Urteilsgründe) setzt der Senat in analoger Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die vom Landgericht festgesetzten Einzelstrafen von jeweils zwei Jahren auf ein Jahr und sechs Monate Freiheitsstrafe herab. Diese Strafen entsprechen der Einzelstrafe, die das Landgericht für den Fall II.4 festgesetzt hat. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht mit Blick auf die in diesem Fall verhängte Einzelstrafe und der dafür bestimmenden Umstände (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO) auf niedrigere Einzelstrafen erkannt hätte (vgl. , NStZ-RR 2002, 103).
7Die Gesamtstrafe bleibt davon unberührt. Die Ermäßigung der Einzelstrafen beruht auf einer Korrektur der Konkurrenzverhältnisse und hat keine Verringerung des Tatunrechts und des Schuldgehalts in seiner Gesamtheit zur Folge (, NStZ 2014, 702 mwN).
84. Die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB hat keinen Bestand, weil das Landgericht sein Ermessen nicht erkennbar ausgeübt hat (vgl. , Rn. 2 mwN). Zwar ist die Unterbringung in der Regel anzuordnen, wenn die Voraussetzungen des § 64 StGB vorliegen. In besonderen Ausnahmefällen kann aber von der Unterbringung abzusehen sein (vgl. , NStZ-RR 2008, 73 f.; BT-Drucks. 16/5137, S. 10; 16/1344, S. 12). In diesem Zusammenhang hätte sich das Landgericht insbesondere mit der Tatsache auseinandersetzen müssen, dass der aus Guinea stammende Angeklagte nie eine Schule besucht hat und die deutsche Sprache nicht beherrscht.
9Über die Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt ist deshalb erneut zu befinden. Der neue Tatrichter wird auch Gelegenheit haben, Feststellungen zu der voraussichtlich notwendigen Therapiedauer zu treffen und gegebenenfalls über die Reihenfolge der Vollstreckung zu entscheiden (§ 67 Abs. 2 StGB).
10Der an das Oberlandesgericht Hamm adressierte Schriftsatz des Verteidigers des Angeklagten vom 14. Dezember 2015 lag dem Senat vor.
Fundstelle(n):
NAAAF-68367