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Wegweiser zur Wesentlichkeit
I. Das rechtliche Umfeld
1. Die Gesetzeslage
Die bei der Rechnungslegung allgegenwärtige Wesentlichkeit hat etwas Gespenstisches an sich: Überall taucht sie auf, jeder führt sie im Mund, doch wenn man sie dingfest machen will, entzieht sie sich der „Haltbarkeit“. Will man sie in den Rechnungslegungsnormen orten, so wird man nach HGB/EStG nicht fündig, sie erscheint legislatorisch nicht und wird doch gezwungenermaßen oder skrupellos bei der Bilanzierung verwendet. Dabei ist die HGB-Gesetzgebung spätestens nach BilRUG durch einen förmlichen Ungehorsam gegenüber der EU-Richtlinie gekennzeichnet. Diese erlaubt die Nichtanwendung von Rechnungslegungsregeln, wenn deren Einhaltung in ihrer Wirkung unerheblich ist. Der HGB-Gesetzgeber hat sich nicht bemüßigt gefühlt, diese zwingende Vorgabe der Richtlinien in deutsches Recht zu transformieren. Die auch im Schrifttum immer wieder geäußerte Begründung wirkt dabei sehr fadenscheinig: Einer gesetzlichen Vorgabe zur Wesentlichkeit bedürfe es nicht, da deren Inhalt ja ohnehin Bestandteil der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung ist.
Die IFRS sind demgegenüber nicht so zurückhaltend in der Verwendung des materiality-Grundsatzes, sie liefern im...