„Bislang ging es zuweilen rau zu“
EuGH entscheidet mit salomonischer Weisheit
Am hat der EuGH zu der Frage Stellung genommen, ob und inwieweit ausländische Dienstleister zur grenzüberschreitenden Steuerberatung in Deutschland befugt sind. Er hat entschieden, dass eine Steuerberatungsgesellschaft, die zum Beispiel in den Niederlanden ihren Sitz hat, auch von dort aus für deutsche Mandanten tätig werden darf, wenn sie über die entsprechende Qualifikation verfügt. Dabei wird nicht das Bestehen der deutschen Steuerberaterprüfung vorausgesetzt. Vielmehr reicht es aus, wenn sie über eine im EU-Ausland erworbene „entsprechende Qualifikation“verfügt (s. hierzu ).
Das Urteil wird – anders als nach dem Schlussantrag des Generalanwalts mitunter befürchtet wurde – nicht zu einer Aushöhlung des Berufsrechts der Steuerberater führen. Zwar wird die Auslegung des § 3a StBerG, der die Befugnis zur vorübergehenden und gelegentlichen Hilfeleistung in Steuersachen regelt, als europarechtswidrig angesehen. Diese Vorschrift wird sich aber mit überschaubarem Aufwand kurzfristig EU-konform ausgestalten lassen. Die Bundessteuerberaterkammer hat bereits signalisiert, dass sie mit dem Urteil leben kann, denn es sei bereits heute gelebte Praxis, dass ausländische Dienstleister unter bestimmten Voraussetzungen zur grenzüberschreitenden Steuerberatung in Deutschland befugt sind.
Ob auch der Kläger zufrieden sein wird, muss noch die Vorinstanz, hier der BFH, entscheiden. Der Vertreter des Klägers hat aber bereits seine Zuversicht signalisiert, dass die von ihm vertretene Steuerberatungsgesellschaft die entsprechende Anerkennung erhalten wird. Damit kann das Urteil des EuGH wohl als salomonisch bezeichnet werden.
Sicherlich wird vorläufig aber noch kein Schlussstrich unter das Thema gezogen. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es zahlreiche weitere Verfahren gibt, bei denen nun einzelfallbezogen durch die Finanzämter beziehungsweise durch die Finanzgerichte geprüft werden muss, ob die Betroffenen zur Hilfeleistung in Deutschland befugt sind. Zum anderen wird es aber auch um die Frage gehen, inwieweit denjenigen Dienstleistern, denen die grenzüberschreitende Steuerberatung bislang zu Unrecht untersagt worden ist, Schadenersatz zusteht. Dabei kann es um beträchtliche Summen gehen.
Es ist zu hoffen, dass der BFH mit seiner noch anstehenden Entscheidung das Urteil des EuGH nun so weit mit Leben füllt, dass Behörden und Gerichte Klarheit für weitere Fälle erhalten. Insbesondere die Sachverhalte, in denen ein physischer Grenzübertritt erfolgt, bspw. zur Beratung im Rahmen einer Betriebsprüfung, werden spannend sein. Und es ist zu hoffen, dass auch der Umgangston in den weiteren Verfahren versöhnlicher wird. Denn bislang ging es zuweilen rau zu, unter anderem mit Strafanträgen beider Parteien.
Lesenswert ist der „Schlusspunkt“ auf . NWB hatte Gelegenheit, mit Herrn Rechtsanwalt Hübner zu sprechen, der den Kläger vor dem EuGH vertreten hat. Er gibt spannende Einblicke in das Verfahren.
Christian Herold
Fundstelle(n):
NWB 2016 Seite 233
NWB CAAAF-47681