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Online-Nachricht - Mittwoch, 27.05.2015

Einkommensteuer | Nachweis von krankheitsbedingten Aufwendungen nach § 64 EStDV (BFH)

Die Anerkennung von außergewöhnlichen Belastungen setzt im Falle von psychotherapeutischen Behandlungen und der medizinisch erforderlichen auswärtigen Unterbringung eines an einer Behinderung leidenden Kindes des Steuerpflichtigen voraus, dass die in § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStDV normierten Nachweise erbracht werden. Diese Nachweise können nicht durch andere Unterlagen ersetzt werden (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Im Rahmen der agB ist die Zwangsläufigkeit von krankheitsbedingten Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel durch eine Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers nachzuweisen (§ 64 Abs. 1 Nr. 1 EStDV). In den abschließend geregelten Katalogfällen des § 64 Abs. 1 Nr. 2 EStDV ist der Nachweis der Zwangsläufigkeit durch ein vor Beginn der Heilmaßnahme oder dem Erwerb des medizinischen Hilfsmittels ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine vorherige ärztliche Bescheinigung eines medizinischen Dienstes der Krankenversicherung zu führen (§ 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStDV).
Sachverhalt: Streitig sind außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG wegen der Unterbringung eines Kindes in einer speziellen Einrichtung für Kinder und Jugendliche mit massiven Störungen in der Persönlichkeitsentwicklung (Verhaltensauffälligkeiten, Verwahrlosungserscheinungen, Fehlentwicklungen im sozial-emotionalen Bereich). Die Kläger hatten einen Eigenanteil für die Heimunterbringung ihres an ADHS erkrankten Kindes zu tragen, den sie als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG geltend machten. Das FA erkannte außergewöhnliche Belastungen unter Abzug einer Haushaltsersparnis an, die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.
Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Im Streitfall lag ein vor Beginn der Maßnahme ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine Bescheinigung eines medizinischen Dienstes der Krankenversicherung nicht vor.

  • Zwar bestimmt § 35a Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII, dass der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme eines besonders qualifizierten Arztes oder Psychotherapeuten einholt.

  • Da § 64 EStDV den Senat jedoch dahingehend bindet, dass auf die dort vorgesehenen Nachweise nicht verzichtet werden kann und sie nicht durch andere Unterlagen ersetzt werden können, kann offenbleiben, ob im Streitfall eine solche Stellungnahme vorgelegen hat.

  • Da es an hier an dem formalisierten Nachweis i.S. des § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStDV fehlt, haben die Kläger die Zwangsläufigkeit der geltend gemachten Aufwendungen dem Grunde nach nicht nachgewiesen.

Hinweis: Der Entscheidung des Gerichts stand auch nicht das Verböserungsverbot des § 96 FGO entgegen. Denn hierdurch ist das Gericht nicht gehindert, die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen dem Grunde nach zu prüfen, wenn im behördlichen Verfahren nur über deren Höhe gestritten wurde. Darüber hinaus hatte das Gericht hinsichtlich der rückwirkenden Anwendung des § 64 EStDV keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. hierzu auch NWB SAAAE-12298).
Quelle: NWB Datenbank
 

Fundstelle(n):
DAAAF-47137