Einkommensteuer | Zur Bagatellgrenze für die Nichtanwendung der Abfärbewirkung (BFH)
Der VIII. Senat des BFH hat entschieden, dass die Einkünfte einer GbR, die hauptsächlich Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt und daneben in geringem Umfang eine gewerbliche Tätigkeit ausübt, dann nicht insgesamt zu gewerblichen Einkünften umqualifiziert werden (sog. Abfärbewirkung), wenn die gewerblichen Umsätze eine Bagatellgrenze in Höhe von 3% der Gesamtnettoumsätze und zusätzlich den Betrag von 24.500 € im Veranlagungszeitraum nicht übersteigen (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gilt als Gewerbebetrieb in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer OHG, einer KG oder einer „anderen Personengesellschaft“, wenn die Gesellschaft auch eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ausübt. Nach der bisherigen Rechtsprechung kommt § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG auch zur Anwendung, wenn der gewerblichen Tätigkeit lediglich eine geringfügige Bedeutung zukommt. Lediglich im Fall eines „äußerst geringen” Anteils der eigentlich gewerblichen an der gesamten Tätigkeit soll nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die umqualifizierende Wirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht eingreifen (vgl. z.B. NWB PAAAB-20745).
Sachverhalt: Im Streitfall waren die Gesellschafter der GbR als Rechtsanwälte und Insolvenzverwalter tätig. In einigen Fällen wurde in den Streitjahren jedoch keiner der Gesellschafter, sondern ein angestellter Rechtsanwalt zum (vorläufigen) Insolvenzverwalter oder Treuhänder bestellt. Der BFH beurteilte die von dem angestellten Rechtsanwalt aus seiner Tätigkeit als Insolvenzverwalter und Treuhänder erzielten Umsätze zwar als gewerbliche Einkünfte der GbR, da die Gesellschafter insoweit nicht mehr - wie es § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG verlangt - aufgrund eigener Fachkenntnisse selbst leitend und eigenverantwortlich tätig gewesen sind. Die „Abfärbung“ dieser gewerblichen Einkünfte auf die übrigen Einkünfte der GbR nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG lehnte er jedoch als unverhältnismäßig ab.
Hierzu führte der BFH weiter aus:
Die gewerblichen Umsätze der Klägerin sind so gering, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Abfärbewirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG im Streitfall ausschließt.
Der erkennende Senat hält einen gewerblichen Umsatzanteil von 3% typisierend noch für von so untergeordneter Bedeutung, dass eine Umqualifizierung der gesamten Einkünfte unverhältnismäßig wäre. Dabei sind die Nettoumsätze zugrunde zu legen, um das Verhältnis der Umsätze bei unterschiedlichen Umsatzsteuersätzen nicht zu verfälschen.
Zur Vermeidung einer Privilegierung von Personengesellschaften, die besonders hohe freiberufliche Umsätze erzielen und damit in größerem Umfang gewerblich tätig sein könnten und unter Berücksichtigung des Normzwecks, das Gewerbesteueraufkommen zu schützen, ist es außerdem erforderlich, den Betrag der gewerblichen Nettoumsatzerlöse, bei dem noch von einem äußerst geringfügigen Umfang ausgegangen werden kann, auf einen Höchstbetrag in Höhe von 24.500 € zu begrenzen.
Dieser orientiert sich an dem gewerbesteuerlichen Freibetrag für Personengesellschaften nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG. Denn im Regelfall droht dann kein Ausfall von Gewerbesteuer, wenn bereits die gewerblichen Umsätze unter dem gewinnbezogenen Freibetrag in Höhe von 24.500 € liegen.
Quelle: NWB Datenbank
Anmerkung: Mit zwei weiteren Urteilen vom gleichen Tag hat der VIII. Senat ebenfalls die Anwendbarkeit der Abfärbewirkung anhand dieser Bagatellgrenze geprüft. Im Verfahren NWB VAAAE-84161 hat der BFH die Umqualifizierung der künstlerischen Tätigkeit einer GbR in gewerbliche Einkünfte verneint, weil die gewerblichen Umsätze weniger als 3% der Gesamtnettoumsätze betrugen und unterhalb von 24.500 € lagen. Im Verfahren NWB ZAAAE-84164hat der BFH hingegen die Umqualifizierung der freiberuflichen Einkünfte einer GbR in gewerbliche Einkünfte bejaht, weil die erzielten gewerblichen Umsätze die Grenze von 3% der Gesamtnettoumsätze in den Streitjahren überschritten hatten.
Fundstelle(n):
CAAAF-46738