Einkommensteuer | Essen im Wohnstift als haushaltsnahe Dienstleistung (FG)
Die Zubereitung und das Servieren des Essens in einem Wohnstift können als haushaltsnahe Dienstleistungen angesehen werden (; Revision zugelassen).
Hintergrund: Nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG ermäßigt sich u.a. für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen, die nicht Dienstleistungen i.S. des § 35a Abs. 3 EStG sind, die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 %, höchstens 4 000 EUR, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen. Haushaltsnahe Dienstleistungen in diesem Sinne sind Tätigkeiten, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt werden.
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten über den Abzug der Aufwendungen für die Zubereitung und das Servieren des täglichen Mittagessens in einem Wohnstift als haushaltsnahe Dienstleistung. Unstreitig ist, dass es sich bei der Zubereitung und dem Servieren von Speisen um haushaltsnahe Dienstleistungen i.S. des § 35a Abs. 2 EStG handelt. Ebenfalls unstreitig ist, dass der Kläger in dem Wohnstift einen Haushalt im Sinne des § 35a Abs. 4 EStG führt. Streitig war, ob sowohl die Zubereitung als auch das Servieren der Speisen i.S. des § 35a Abs. 4 EStG im Haushalt des Klägers erfolgten.
Hierzu führten die Richter weiter aus: Nach der Rechtsprechung des BFH sind unter § 35a Abs. 2 EStG fallende Maßnahmen nur begünstigt, wenn sie "im räumlichen Bereich des Haushalts" erbracht werden. Die genaue Reichweite dieses Bereichs ist noch nicht abschließend definiert, geht jedoch über die Wohnung an sich hinaus - denn zum Haushalt gehört auch der dazugehörige Grund und Boden, weil auch Arbeiten „auf dem Grundstück“ begünstigt werden sollen. Ausgehend davon sind zunächst die auf das Servieren der Speisen im Speisesaal des Wohnstifts entfallenden Aufwendungen begünstigt, weil das Servieren auf Gemeinschaftsflächen erfolgt, die dem Kläger mit zuzurechnen sind.
Auch hinsichtlich der Zubereitung des Mittagessens in der Küche liegt eine Dienstleistung "im Haushalt" des Klägers vor. Dies ergibt sich aus der Ergänzungsvereinbarung des Wohnstiftvertrags, wonach der Kläger (auch) Anspruch darauf hat, dass sein Mittagessen "in der hauseigenen Küche" zubereitet wird. Damit hat sich die Betreiberin des Wohnstifts dem Kläger gegenüber verpflichtet, auch diese Dienstleistung in räumlicher Nähe zum Appartement auf demselben Grundstück zu erbringen. Die Küche ist aufgrund dieser Vereinbarung Teil der Wohnanlage. Unbeachtlich ist, dass der Kläger keinen Zutritt zur Küche hat. Insofern überlagert die vertragliche Vereinbarung - der Anspruch des Klägers auf Zubereitung der Mahlzeit in einer zur Wohnanlage gehörenden Küche - die fehlende Zutrittsberechtigung, die als erstes Indiz gegen eine Annahme der Zuordnung zur Gemeinschaftsfläche und damit zum Haushalt spricht. Auch beruht das Zutrittsverbot nicht etwa darauf, dass die Fläche einem Dritten ausschließlich zuzurechnen wäre, sondern hat nach Mitteilung des Betreibers des Wohnstifts hygienische Gründe.
Quelle: FG Baden-Württemberg online
Anmerkung: Mit ihrer Entscheidung stellen sich die Richter gegen ein anderslautendes Urteil ihrer Kollegen des 6. Senats v. - NWB UAAAE-07725 (vgl. hierzu unsere News v. 27.04.2012) - auch wenn sich die zugrunde liegenden Sachverhalte zum Teil voneinander unterscheiden (im ersten Fall war beispielsweise der Besuch des Speisesaal nur zu bestimmten Zeiten erlaubt). Die Revision wurde zugelassen. Die Entscheidung ist auf der Homepage des FG Baden-Württemberg veröffentlicht. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.
Fundstelle(n):
PAAAF-45017