Gebührenrecht | Anrechnung nicht gezahlter Geschäfts- auf die Verfahrensgebühr? (FG)
Nach § 15a RVG führt bei der Prozesskostenhilfevergütung nur die Zahlung einer Geschäftsgebühr zur Anrechnung auf die Verfahrensgebühr ( KF).
Hintergrund: Gemäß § 45 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) erhält der im Wege der Prozesskostenhilfe (PKH) beigeordnete Rechtsanwalt, soweit nichts anderes bestimmt ist, die gesetzliche Vergütung in Verfahren vor Gerichten eines Landes aus der Landeskasse. Die Gebühren werden gemäß § 2 Abs. 1 RVG i.d.R. nach dem Gegenstandswert berechnet. Richten sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert, beläuft sich die Gebühr auf den nach § 13 RVG zu ermittelnden Betrag, der für Streitwerte bis 500.000 € aus der Gebührentabelle (Anlage 2 zum RVG) ersichtlich ist. Die Höhe der Vergütung, d.h. insbesondere der auf die Gebühr anzuwendende Satz und weitere einzelne Gebühren und Auslagen, bestimmt sich entsprechend § 2 Abs. 2 RVG nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zum RVG (VV RVG). Nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG wird, soweit wegen desselben Gegenstands eine Geschäftsgebühr nach den Nummern 2300 bis 2303 entsteht, diese Gebühr zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Nach dem Wortlaut der Regelung kommt es nur darauf an, dass die Geschäftsgebühr entstanden ist, d.h. durch die vorgerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts ausgelöst wird. Ob der Anwalt die Geschäftsgebühr tatsächlich erhalten hat bzw. erhält, ist nach dem Gesetzeswortlaut nicht maßgebend.
Sachverhalt: Ein Rechtsanwalt vertrat seine Mandantin zunächst im Einspruchsverfahren und anschließend erfolgreich im Klageverfahren. Für das Klageverfahren war der Mandantin PKH gewährt worden. Zahlungen erhielt der Anwalt von seiner Mandantin nicht. Gegenüber der Staatskasse begehrte der Rechtsanwalt die Festsetzung einer 1,6-fachen Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hielt nur eine um die hälftige Geschäftsgebühr gekürzte Verfahrensgebühr für erstattungsfähig. Denn gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Teil 3 VV RVG werde die hälftige Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr angerechnet. Dem folgten die Richter des FG Düsseldorf nicht.
Hierzu führten die Richter weiter aus: Vorliegend hatte die Anrechnung der Geschäftsgebühr gemäß der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG im Hinblick auf die Regelung des § 15a Abs. 2 RVG zu unterbleiben. Danach kann sich ein Dritter - dazu gehört auch die Staatskasse - auf die Anrechnung nur berufen, soweit er den Anspruch auf beide Gebühren erfüllt hat, wegen eines dieser Ansprüche ein Vollstreckungstitel bestet oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden.
Vorliegend hat die Staatskasse weder den Anspruch auf die Geschäftsgebühr erfüllt noch werden beide Gebühren gegen sie im selben Verfahren geltend gemacht. Ein Rechtsanwalt kann die Verfahrensgebühr daher im PKH-Verfahren in voller Höhe verlangen, wenn die Geschäftsgebühr von niemandem gezahlt worden ist.
Hinweis: Der Beschluss ist im Hinblick auf § 128 Abs. 4 Satz 1 FGO unanfechtbar. Er ist auf der Homepage des FG Düsseldorf veröffentlicht.
Quelle: FG Düsseldorf online
Fundstelle(n):
XAAAF-44748