DBA-Schweiz | Ausnahme von der sog. überdachenden Besteuerung (BFH)
Die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift von der sog. überdachenden Besteuerung (Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz) sind nur erfüllt, wenn das Ansässigwerden in der Schweiz in der Absicht erfolgt, um dort eine unselbständige Tätigkeit auszuüben. Der Nachweis einer entsprechenden Absicht obliegt dem Steuerpflichtigen, der sich auf diese Ausnahmevorschrift beruft (, NV; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Nach DBA-Schweiz können zwar Löhne, Gehälter und ähnliche Vergütungen, die ein Grenzgänger aus unselbständiger Arbeit bezieht, im Ansässigkeitsstaat besteuert werden. Allerdings wird im Rahmen der Grenzgängerregelung der sog. überdachenden Besteuerung Vorrang eingeräumt (Art. 4 Abs. 4 i.V. mit Art. 15a Abs. 1 Satz 4 DBA-Schweiz). Hiernach kann Deutschland bei einer in der Schweiz ansässigen natürlichen Person, die nicht die schweizerische Staatsangehörigkeit besitzt und die in Deutschland insgesamt mindestens fünf Jahre unbeschränkt steuerpflichtig war, in dem Jahr, in dem die unbeschränkte Steuerpflicht zuletzt geendet hat, und in den folgenden fünf Jahren die aus Deutschland stammenden Einkünfte und die in Deutschland belegenen Vermögenswerte, ungeachtet anderer Vorschriften des Abkommens, besteuern. Inhalt der Regelung ist eine Verzögerung der Gewährung der Abkommensvorteile für den sog. Wegzüger, um einer "Steuerflucht" entgegenzuwirken. Allerdings gilt diese Zuweisung des Besteuerungsrechts zu Deutschland nicht, wenn die natürliche Person in der Schweiz ansässig geworden ist, um hier eine echte unselbständige Arbeit für einen Arbeitgeber auszuüben, an dem sie über das Arbeitsverhältnis hinaus weder unmittelbar noch mittelbar durch Beteiligung oder in anderer Weise wirtschaftlich wesentlich interessiert ist (Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz).
Hierzu führte der BFH weiter aus: Die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift sind nur erfüllt, wenn das Ansässigwerden in der Schweiz in der Absicht erfolgt, um dort eine unselbständige Tätigkeit auszuüben. Dabei muss diese Absicht nicht der alleinige Beweggrund für den Zuzug in die Schweiz sein. Es ist denkbar, dass andere Beweggründe (u.U. sogar vorrangiges) Motiv für den Umzug in die Schweiz waren, z.B. eine Heirat, wenn nur die Absicht hinzukommt, dort einer unselbständigen Arbeit nachzugehen. Es ist auch nicht erforderlich, dass die beabsichtigte Arbeitsaufnahme schon konkrete Formen angenommen hat. Insbesondere müssen weder der Arbeitgeber noch der Arbeitsplatz noch die Art der auszuübenden Tätigkeit beim Zuzug in die Schweiz feststehen. Schließlich genügt es, wenn beim Zuzug in die Schweiz die Absicht der Arbeitsaufnahme vorhanden gewesen ist, selbst wenn diese Absicht dann später endgültig und auf Dauer aufgegeben wird. Im Übrigen schadet auch nicht, wenn der Umzug in die Schweiz erst (mehrere Jahre) nach Aufnahme der dortigen Arbeitstätigkeit erfolgt ist.
Anmerkung: In dem entschiedenen Streitfall hat der BFH die Entscheidung des Finanzgerichts bestätigt, nach der sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf die o.g. Ausnahmeregelung berufen konnte. Das Finanzgericht hatte sein Urteil zum einen darauf gestützt, dass eine bloße, nicht auf ein konkretes Arbeitsverhältnis bezogene Absicht der Arbeitsaufnahme in der Schweiz nur dann ausreichen kann, wenn der Steuerpflichtige seine bisherige Beschäftigung im Inland aufgegeben oder verloren hat und er jetzt in der Schweiz eine abhängige Beschäftigung sucht. Davon unabhängig hatte das Gericht im Streitfall Zweifel an der Absicht der Klägerin, in der Schweiz eine unselbständige Arbeit aufzunehmen. Zweifel ergäben sich zum einen aus der Fortführung des vor dem Zuzug in die Schweiz begründeten (und im Monat des Zuzugs um ein Jahr verlängerten) Arbeitsverhältnisses in Deutschland sowie auch aus den Angaben der Klägerin gegenüber dem Migrationsamt ("Gesuch auf erwerbslosen Aufenthalt"). Nach Ansicht des Finanzgerichts könnte der Umzug in die Schweiz ebenso auf der Überlegung beruht haben, dass in der Schweiz ihre Arbeitseinkünfte (wo immer sie sie auch erzielte und künftig erzielen werde) niedriger besteuert würden.
Quelle: NWB Datenbank
Fundstelle(n):
DAAAF-43816