Kapitalertragsteuer | Dividendenzahlungen an eine französische Muttergesellschaft (BFH)
Der BFH hat zur Kapitalertragsteuer bei einer beschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft in der Rechtsform der französischen "société par actions simplifiée" (S.A.S.) Stellung genommen. Es ging im Streitfall um die Konsequenzen im Anschluss an die , "Gaz de France" sowie v. - Rs. C-284/09, "Kommission/Deutschland" (; veröffentlicht am ).
Sachverhalt: Streitig war der Umfang der Freistellung von der Kapitalertragsteuer für Dividendenzahlungen an eine französische Muttergesellschaft. Der klagenden französischen Kapitalgesellschaft in Rechtsform einer S.A.S. wurde für die Gewinnausschüt-tung ihrer deutschen Tochter-GmbH die Befreiung von der Kapitalertragsteuer versagt, weil im Streitjahr die Rechtsform (noch) nicht im Katalog der nach der Mutter-/Tochter-Richtlinie begünstigten Rechtsformen aufgeführt war (Anlage 2 zu § 43b EStG 2002).
Hierzu führt der BFH weiter aus:
(1) Eine französische Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer „société par actions simplifiée“ (S.A.S.) war bis zum nicht als „Gesellschaft eines Mitgliedstaats“ i.S. von Art. 2 Buchst. a i.V. mit Buchst. f des Anhangs der Richtlinie 90/435/EWG anzusehen. Dividendenzahlungen an eine solche Gesellschaft durch ihre deutsche Tochtergesellschaft erfüllten damit weder unmittelbar noch analog die Voraussetzungen des § 43b Abs. 2 Satz 1 EStG i.V. mit Anlage 2 Nr. 1 zu § 43b EStG (Anschluss an NWB OAAAD-33102).
(2) Die Körperschaftsteuer für Kapitalerträge i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2002, die nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V. mit § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG dem Steuerabzug unterliegen, ist bei einer beschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft als Bezieherin der Einkünfte nach § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG 2002 durch den Steuerabzug abgegolten. Dividenden, die an Gesellschaften mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten ausgeschüttet werden, werden infolgedessen wirtschaftlich einer höheren Besteuerung unterworfen als Dividenden, die an Gesellschaften mit Sitz in Deutschland ausgeschüttet werden. Darin liegt ein Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 56 Abs. 1 EG (Anschluss an NWB TAAAD-95597, sowie an Senatsurteil v. - NWB EAAAD-24833).
(3) Die nachträgliche Erstattung einbehaltener und abgeführter Kapitalertragsteuer kann, wenn die Voraussetzungen des § 50d Abs. 1 EStG 2002 nicht erfüllt sind, die Einbehaltung und Abführung aber gegen unionsrechtliche Grundfreiheiten verstößt, auf eine analoge Anwendung von § 50d Abs. 1 EStG gestützt werden. Zuständig für die Entscheidung über ein solches Erstattungsbegehren ist das Finanzamt, nicht das Bundeszentralamt für Steuern. Eine vorherige Freistellung von der Pflicht zur Einbehaltung und Abführung von Kapitalertragsteuer nach § 50d Abs. 2 EStG ist unter diesen Umständen hingegen ausgeschlossen.
Quelle: BFH online
Anmerkung: Der BFH wies in seinen Entscheidungsgründen darauf hin, dass die Erteilung einer Freistellungsbescheinigung nach § 50d Abs. 2 EStG (u.a.) voraussetzt, dass die betreffenden Einkünfte dem Steuerabzug vom Kapitalertrag unterliegen und nach § 43b EStG oder nach einem DBA nicht oder nur nach einem niedrigeren Steuersatz besteuert werden können. Beides war im Streitfall nicht der Fall. § 43b EStG sei insoweit nicht einschlägig, weil eine Kapitalgesellschaft französischen Rechts in der Rechtsform der S.A.S. im streitgegenständlichen Bescheinigungszeitraum nicht unter den entsprechenden Katalog begünstigter Kapitalgesellschaften fiel und weil - wie sich abschließend aus dem ergibt - in diesem Umstand kein Verstoß gegen Unionsrecht zu sehen ist. Aus letztlich eben diesem Grunde verbiete es sich zugleich, § 43b EStG und den dazu ergangenen, abschließenden Katalog begünstigter Kapitalgesellschaften aus verfassungs- oder unionsrechtlichen Gründen erweiternd oder aber aufgrund der Annahme einer Regelungslücke analog auf die hier in Rede stehende Gesellschaftsform anzuwenden.
Fundstelle(n):
MAAAF-43784