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Online-Nachricht - Montag, 23.01.2012

Umsatzsteuer | Steuerfreiheit einer Nachlasspflegschaft (FG)

Die Führung von Nachlasspflegschaften von mehr als zehn Fällen pro Jahr ist nicht nach § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG steuerfrei (; nicht rkr.).


Hintergrund: Eine ehrenamtliche Tätigkeit ist nach § 4 Nr. 26 UStG umsatzsteuerfrei, wenn sie für eine juristische Person des öffentlichen Rechts ausgeübt wird oder wenn das Entgelt für diese Tätigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht.

Sachverhalt: Die Klägerin ist als Betreuerin und als Nachlasspflegerin tätig. Im Streitjahr hatte sie 40 Nachlasspflegschaften übernommen, das Finanzamt unterwarf die hieraus resultierenden Erlöse i.H.v. rund 23.600 EUR der Umsatzsteuer. Die Klägerin vertrat dagegen die Auffassung, die Tätigkeit sei ehrenamtlich und damit steuerfrei. Ihre Klage hatte keinen Erfolg.

Hierzu führten die Richter weiter aus: Die Anwendung des § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG scheitert bereits am Vorliegen einer ehrenamtlichen Tätigkeit. Die Nachlasspflegschaft ist im Gesetz nicht ausdrücklich als ehrenamtliche Tätigkeit bezeichnet. Zwar erklärt § 1836 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. die Ehrenamtlichkeit der Vormundschaft (Betreuung) zum gesetzlichen Leitbild; entsprechendes gilt nach § 1915 BGB für die Nachlasspflegschaft. Darunter fällt aber nur das unentgeltliche Tätigwerden bzw. das Tätigwerden gegen bloßen Aufwendungsersatz. Für Zwecke der Vergütung unterscheidet § 1836 BGB a.F. zwischen den hauptberuflich tätigen Vormündern (Betreuern), den sog. Berufsbetreuern und den nichtberuflich tätigen Betreuern, die in Vergütungsfragen gemeinhin als ehrenamtliche Betreuer bezeichnet werden: Nach § 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. wird die Vormundschaft ausnahmsweise entgeltlich geführt, wenn das Gericht die berufsmäßige Führung festgestellt hat. Die Voraussetzungen für eine solche Berufsausübung liegen vor, wenn mehr als zehn Vormundschaften pro Jahr geführt werden oder die für die Führung der Vormundschaften erforderliche Zeit voraussichtlich 20 Wochenstunden nicht unterschreitet (§ 1836 Abs. 1 Satz 3, 4 BGB a.F.). Die Regelung des § 1836 Abs. 1 Satz 4 BGB a.F. die zum in das Vormünder- und Betreuungsvergütungsgesetz (VBVG) überführt wurde, ist über § 1915 BGB auf das Pflegschaftsrecht entsprechend anzuwenden. Da die Klägerin im Streitfall 40 Pflegschaften geführt hat, ist von einer Berufsmäßigkeit im Sinne des § 1836 Abs. 1 Satz 4 BGB a.F. auszugehen. Ferner steht die Festsetzung einer Vergütung nach § 1836 Abs. 3 BGB a.F. der Annahme einer ehrenamtlichen Tätigkeit entgegen, da sie nicht nur in Auslagenersatz und einer angemessene Entschädigung für Zeitversäumnis bestanden hat.

Quelle: FG Niedersachsen online

Hinweis: Gegen das Urteil wurde inzwischen Revision eingelegt, das Az. beim BFH lautet: V R 31/11).

 

Fundstelle(n):
OAAAF-43325