Lohnsteuer | Umgekehrte Familienheimfahrten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung (BFH)
Tritt der den doppelten Haushalt führende Ehegatte die wöchentliche Familienheimfahrt aus privaten Gründen nicht an, sind die Aufwendungen für die stattdessen durchgeführte Besuchsfahrt des anderen Ehegatten zum Beschäftigungsort keine Werbungskosten (; veröffentlicht am ).
Tritt der den doppelten Haushalt führende Ehegatte die wöchentliche Familienheimfahrt aus privaten Gründen nicht an, sind die Aufwendungen für die stattdessen durchgeführte Besuchsfahrt des anderen Ehegatten zum Beschäftigungsort keine Werbungskosten (BFH, Beschluss v. 2.2.2011 - VI R 15/10; veröffentlicht am 23.3.2011).
Sachverhalt: Die Kläger, Eheleute, leben in A und wurden in den Streitjahren 2003 und 2004 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist in A selbständig tätig. Die Klägerin war in B nichtselbständig beschäftigt. Sie bewohnte in B eine Eigentumswohnung. An den Wochenenden reiste die Klägerin entweder mit dem Auto oder dem Flugzeug nach A. Der Kläger besuchte die Klägerin ebenfalls mehrfach in B. Streitig ist, ob Werbungskosten auch dann vorliegen, wenn der am Familienwohnsitz lebende Ehegatte zu der im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung unterhaltenen Wohnung des anderen Ehegatten reist.
Hierzu führt der BFH weiter aus: Die Reisen des Klägers sind keine Familienheimfahrten i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG. Der Wortlaut der Norm erfasst nicht den Fall der Besuchsreise des Klägers vom Familienwohnsitz an den Beschäftigungsort der Klägerin. Die Aufwendungen des Klägers für Reisen nach B sind auch keine Werbungskosten i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG. Denn sie sind nicht beruflich veranlasst. Art. 6 GG erfordert, Aufwendungen im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung bei der Bemessung der finanziellen Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen, soweit es sich dabei um notwendigen Mehraufwand beiderseits berufstätiger Ehegatten handelt, der dadurch entsteht, dass ein gemeinsamer Wohnsitz an dem Beschäftigungsort des einen Ehegatten besteht und daneben ein weiterer Wohnsitz wegen der Berufstätigkeit des anderen Ehegatten unterhalten wird (NWB VAAAB-86782). Der Gesetzgeber darf daher notwendigem Mehraufwand nicht wegen einer privaten Mitveranlassung den Abzug versagen. Anders als reine private Aufwendungen sind derartige, durch die Berufstätigkeit des Ehegatten veranlasste Aufwendungen für die Eheleute nicht frei disponibel. Der Gesetzgeber hat dem Schutz der Ehe mit der bestehenden Regelung ausreichend Rechnung getragen. Seine Entscheidung, dass nur die Fahrten vom Beschäftigungsort zum Lebensmittelpunkt (Familienheimfahrten) Werbungskosten sind, verletzt nicht Art. 6 GG. Denn es ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, wenn § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG nur die Fahrten zu diesem Lebensmittelpunkt, dem gemeinsamen Familienwohnsitz, als den beiderseits berufstätigen Ehegatten notwendig entstanden beurteilt. Eine Reise an den Beschäftigungsort des Ehegatten ist ungeachtet der doppelten Haushaltsführung eine private Wochenendreise.
Quelle: BFH online
Fundstelle(n):
OAAAF-16835