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Online-Nachricht - Mittwoch, 16.03.2011

Umsatzsteuer | Zuordnungswahlrecht bei gemischt genutzten Grundstücken (BFH)

Der BFH hatte über den Vorsteuerabzug einer GmbH aus den Baukosten eines ihren Gesellschafter-Geschäftsführern für Wohnzwecke überlassenen Gebäudes in den Jahren 1998 bis 2000 zu entscheiden (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Errichtet ein Unternehmer ein Gebäude, das zu Zwecken seines Unternehmens und zu seinen privaten Wohnzwecken genutzt werden soll, hat er die Wahl, ob der privat genutzte Teil zu seinem Unternehmen gehören soll oder nicht. Entschied er sich für die Zuordnung zum Unternehmen, waren die Vorsteuerbeträge aus den gesamten Herstellungskosten bis zum grds. sofort und vollständig abziehbar. Dieses Recht auf den sofortigen Abzug der vollständigen Vorsteuerbeträge korrespondierte mit der Verpflichtung, eine sog. Nutzungsentnahme zu besteuern (sog. „Seeling-Modell“).
Hierzu führt der BFH weiter aus: Die bei einer natürlichen Person als Unternehmer bestehende Rechtslage bezüglich der Nutzung von Wohnräumen in einem Gebäude des Unternehmers unterscheidet sich von derjenigen im Fall der Nutzung von Wohnräumen durch die Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH in einem Gebäude, das der GmbH gehört. Denn während der Einzelunternehmer mit sich selbst keine Verträge schließen kann, ist dies bei einer GmbH und ihren Gesellschafter-Geschäftsführern anders. Die GmbH als juristische Person kann (1.) mit ihren Gesellschafter-Geschäftsführern einen Mietvertrag abschließen, durch den ihnen Wohnraum gegen Zahlung eines Entgelts überlassen wird, (2.) mit ihren Gesellschafter-Geschäftsführern einen Anstellungsvertrag abschließen und darin vereinbaren, dass die Überlassung des Wohnraums - als sog. Sachbezug - einen Teil der Vergütung für ihre Tätigkeit bildet, also ein Tausch vorliegt, oder (3.) den Wohnraum ihren Gesellschaftern in deren Eigenschaft als Anteilseigner unentgeltlich überlassen. Liegt ein ausdrücklich vereinbarter Mietvertrag einer GmbH mit ihren Gesellschafter-Geschäftsführern vor (1. Möglichkeit), handelt es sich um eine steuerfreie Vermietung, die einen Ausschluss des Vorsteuerabzugs zur Folge hat (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V. mit § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG). Auch die Vereinbarung einer Nutzungsüberlassung im Rahmen eines Anstellungsvertrages (2. Möglichkeit) führt in der Regel zu einer steuerfreien Vermietung und schließt den Vorsteuerabzugs aus. Etwas Anderes kann gelten, wenn eine GmbH dem Gesellschafter-Geschäftsführer den Wohnraum überlässt, ohne dies in einem Anstellungs- oder Mietvertrag zu regeln (3. Möglichkeit). Dann ist es möglich, dass die Nutzungsüberlassung ihre Ursache nicht im Anstellungsverhältnis, sondern im Gesellschaftsverhältnis hat und dass die GmbH den Wohnraum ihrem Gesellschafter in seiner Eigenschaft als Anteilseigner unentgeltlich überlassen wollte. Wird ein der GmbH gehörendes Wohnhaus ausschließlich unentgeltlich durch die Gesellschafter zu deren privaten Wohnzwecken genutzt, ist es nicht für Zwecke der besteuerten Umsätze der GmbH angeschafft worden. Da in diesem Fall auch keine sog. gemischte Nutzung vorliegt, kann auch kein Zuordnungswahlrecht bestehen. Ein Vorsteuerabzug ist von vornherein ausgeschlossen. Soll hingegen das Wohngebäude teilweise auch für unternehmerische Zwecke genutzt werden, ist damit eine gemischte Nutzung beabsichtigt. Der GmbH steht dann ein Wahlrecht zu, das gesamte Gebäude ihrem unternehmerischen Bereich zuzuordnen und einen vollständigen Vorsteuerabzug geltend zu machen (sog. „Seeling-Modell“). Die Zuordnung des Wohngebäudes zum Unternehmen erfordert jedoch auch bei einer juristischen Person eine durch Beweisanzeichen gestützte Zuordnungsentscheidung.
Anmerkung: Der BFH hat die Rechtssache an das Finanzgericht zurückverwiesen, da dieses bisher keine Feststellungen zu der im Streitjahr beabsichtigten Verwendung des Gebäudes getroffen habe. 
Quelle: BFH online
Hinweis: Nach den Änderungen durch das Jahressteuergesetzes (JStG) 2010 ist zwar weiterhin die Zuordnung des gesamten Gebäudes zum Betriebsvermögen möglich, der Vorsteuerabzug ist jedoch auf den betrieblich genutzten Anteil beschränkt werden (§ 15 Abs. 1b UStG). Dies gilt für Grundstücke und Gebäude, die nach dem angeschafft oder mit deren Herstellung nach dem begonnen worden ist.

 

Fundstelle(n):
YAAAF-16810