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Online-Nachricht - Dienstag, 01.02.2011

Einkommensteuer | Häusliches Arbeitszimmer eines Hochschullehrers (FG)

Bei einem Lehrer, Dozenten, oder Professor befindet sich der Mittelpunkt der betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit dort, wo der Unterricht stattfindet, also nicht im häuslichen Arbeitszimmer. Das gilt selbst dann, wenn im Arbeitszimmer die Lehrkonzepte und Unterlagen erarbeitet werden ().

Seine Tätigkeit umfasse gleichrangig die Bereiche Lehre und Forschung. Im Arbeitszimmer bereite er die Vorlesungen vor und nach. Hierfür habe er seit 1970 eine umfassende Spezialbibliothek aufgebaut, die ihm in dieser Form weder an der Universität noch in anderen frei zugänglichen öffentlichen Sammlungen zur Verfügung stehe. Diese enthalte über 10.000 Bücher, sowie Kopien und Verfilmungen aus deutschen, europäischen und amerikanischen Archiven, die für seine Forschungstätigkeit und zur Vorbereitung der Vorlesungen und Seminare von existenzieller Bedeutung seien. Die Forschungstätigkeit übe er ausschließlich im Arbeitszimmer aus. Was die Prüfungstätigkeit angehe, sei das Korrigieren der Prüfungsarbeiten im häuslichen Arbeitszimmer deutlich stärker zu gewichten als die mündlichen Prüfungen. Vom Arbeitsumfang her entspreche die Tätigkeit im Arbeitszimmer ca. 80% seiner gesamten beruflichen Tätigkeit. Er sei an vier Arbeitstagen, sowie am Wochenende und während der vorlesungsfreien Zeit dort ganzzeitig tätig.

Dazu führt das Gericht weiter aus: Ab 2007 sind Aufwendungen für ein betrieblich oder beruflich veranlasstes häusliches Arbeitszimmer nur noch dann überhaupt abzugsfähig, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit bildet. Ob das Arbeitszimmer Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit des Klägers ist, richtet sich danach, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse und der Merkmale seiner Tätigkeit in dem Arbeitszimmer diejenigen Tätigkeiten vorgenommen und Leistungen erbracht werden, die für die konkrete berufliche Tätigkeit wesentlich und prägend sind.

Für die Betrachtung sind alle betrieblichen und beruflichen Tätigkeiten zusammen zu fassen; bei mehreren Tätigkeiten kommt es also darauf an, ob das Arbeitszimmer der Mittelpunkt aller Tätigkeiten bildet ( NWB AAAAB-14915). Der Mittelpunkt der Betätigung liegt dort, wo der Steuerpflichtige diejenigen Handlungen vornimmt und diejenigen Leistungen erbringt, die für den konkret ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind (vgl. NWB GAAAA-71866).

Bei einem Lehrer, Dozenten, oder Professor befindet sich der Mittelpunkt der betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit dort, wo der Unterricht stattfindet, also nicht im häuslichen Arbeitszimmer (vgl. NWB BAAAB-54684; NWB PAAAA-71918); das gilt selbst dann, wenn im Arbeitszimmer die Lehrkonzepte und Unterlagen erarbeitet werden (vgl. NWB WAAAB-54356 für einen selbstständigen Trainer).

Der Streitfall gibt keinen Anlass, von der diesbezüglichen Rechtsprechung des BFH (zuletzt Beschlüsse vom - NWB JAAAC-60081 und vom - NWB BAAAC-64323) abzuweichen. Von der qualitativen Gleichwertigkeit der im Arbeitszimmer geleisteten Arbeiten im Verhältnis zu der an der Hochschule erbrachten Arbeitsleistung ist gerade beim Grundtypus des Hochschullehrers nicht auszugehen.

Ein Unterschied zum Lehrer besteht beim Universitätsprofessor allerdings insoweit, als zu dessen Aufgaben auch die Forschung auf seinem Gebiet gehört; die Aufgaben Forschung und Lehre sind dabei regelmäßig - so auch im Falle des Klägers - gleichwertig. Diesen Unterschied hat der BFH jedoch - selbst wenn die Forschungstätigkeit zum großen Teil im Arbeitszimmer durchgeführt wird - nicht zum Anlass genommen, deshalb den qualitativen Mittelpunkt von der Universität in das Arbeitszimmer zu verlagern (zuletzt Beschlüsse vom - NWB YAAAD-09886  und vom - NWB BAAAC-64323 ). Dies ist auch nach Auffassung des Senats nicht geboten, da die Forschung keine vorrangige Aufgabe des Professors ist, sondern eine mit der Lehre gleichrangige.

Revision wurde eingelegt (NWB LAAAD-60102).

Quelle: NWB-Datenbank

Hinweis: Mit der Neuregelung durch das JStG 2010 in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 und 3 EStG werden Fälle, in denen für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, vom Abzugsverbot ausgenommen. Damit können alle Steuerpflichtigen ein häusliches Arbeitszimmer oder heimisches Büro steuerlich absetzen, die nur einen Teil ihrer Arbeit zu Hause erledigen und vom Arbeitgeber keinen Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt bekommen. Von der Neuregelung profitieren insbesondere Lehrer, da diese regelmäßig keinen Arbeitsplatz in der Schule haben und demzufolge zu Hause arbeiten müssen. Andere Berufsgruppen, die zwar überwiegend zu Hause arbeiten, aber grds. auch einen Arbeitsplatz im Büro oder Betrieb haben (z. B. Richter), können auch weiterhin kein häusliches Arbeitszimmer geltend machen.

Da das BVerfG den Gesetzgeber zu einer rückwirkenden Beseitigung der Verfassungswidrigkeit verpflichtet hat, gilt die Änderung rückwirkend zum . Allerdings greift die Neuregelung nur für „offene” Fälle. „Offen” sind nur solche Fälle, in denen über einen gegen den Steuer- oder Feststellungsbescheid eingelegten außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelf noch nicht unanfechtbar entschieden worden ist.

 

Fundstelle(n):
WAAAF-16559