Online-Nachricht - Mittwoch, 12.01.2011

Einkommensteuer | Vorsteuer als Bestandteil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten (BFH)

Bei einem Landwirt mit Besteuerung der Umsätze nach Durchschnittssätzen gehört die für den Erwerb von Reinvestitionsgütern aufgewandte Umsatzsteuer (Vorsteuer) nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Reinvestitionsgüter (, NV; veröffentlicht am ).


Hintergrund: Streitig ist, ob die für den Erwerb von Reinvestitionsgütern i.S. des § 6c Abs. 1 Satz 1 i.V. mit § 6b Abs. 1 EStG aufgewandte Umsatzsteuer zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten gehört. Gemäß § 9b Abs. 1 EStG gehört der Vorsteuerbetrag, soweit er bei der Umsatzsteuer abgezogen werden kann, nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsguts, auf dessen Anschaffung oder Herstellung er entfällt. Versteuert ein Land- und forstwirtschaftlicher Betrieb seine Umsätze nach Durchschnittssätzen (§ 24 UStG), besteht die Besonderheit, dass die Vorsteuerbeträge nicht in der tatsächlich entstandenen Höhe, sondern pauschaliert abgezogen werden; ein weiterer Vorsteuerabzug entfällt (§ 24 Abs. 1 Sätze 3 und 4 UStG). Dies  kann, soweit der Land- und Forstwirt größere Anschaffungen tätigt, im Einzelfall dazu führen, dass ein Teil der ausgewiesenen Vorsteuerbeträge tatsächlich nicht gemäß § 15 UStG abgezogen werden kann.

Hierzu führte der BFH weiter aus: Ungeachtet der im Einzelfall bestehenden Ungenauigkeiten, die jeder Pauschalierung immanent sind, sollen mit der Pauschalierung gemäß § 24 Abs. 1 Satz 3 UStG dem Grunde nach alle tatsächlich angefallenen Vorsteuerbeträge erfasst und abgezogen werden. Ausgehend davon gehören gemäß § 9b Abs. 1 EStG auch bei einem Durchschnittssatzversteuerer die tatsächlichen Vorsteuerbeträge, da sie als abgezogen gelten, nicht zu den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten. Zwar könnte der Wortlaut des § 9b Abs. 1 EStG auch dahin zu verstehen sein, dass der nicht mit der geschuldeten Umsatzsteuer zu verrechnende Vorsteuerbetrag zu den AK/HK gehört, weil er insoweit bei der Umsatzsteuer nicht abgezogen werden kann. An dieser in einer früheren Entscheidung angedeuteten Auffassung (vgl. NWB EAAAA-96570)  hält der Senat aber jedenfalls für den vorliegenden Fall nicht mehr fest. Ungeachtet etwaiger rechtssystematischer Bedenken sprechen im Streitfall die erheblichen Verwaltungserschwernisse gegen eine solche Auslegung.

Hinweis: Der Landwirt hätte im Streitfall die für ihn nachteiligen Rechtsfolgen der Durchschnittssatzversteuerung eventuell vermeiden können, indem er gemäß § 24 Abs. 4 UStG bis zum 10. Tag des Kalenderjahrs rückwirkend vom Beginn des vorangegangenen Kalenderjahrs an zur Regelbesteuerung optiert.

Quelle: NWB Datenbank

Fundstelle(n):
NWB QAAAF-16415