Umsatzsteuer | Keine Änderung des Entgelts aufgrund Abtretung (BFH)
Tritt ein Unternehmer eine Forderung aus einem Umsatzgeschäft gegen einen unter dem Nennwert der Forderung liegenden Forderungskaufpreis ab, mindert sich hierdurch nicht die Bemessungsgrundlage für die an den Schuldner des Entgelts ausgeführte Leistung. Das Entgelt bestimmt sich nach den Zahlungen der Kunden des Unternehmers an den Forderungserwerber (; veröffentlicht am ).
Sachverhalt: Der Kläger betrieb im Streitjahr 2000 ein Fitness-Sportstudio und erbrachte umsatzsteuerpflichtige Leistungen. Die Steuer berechnete er gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG 1999 nach vereinnahmten Entgelten. Im Fall des Zahlungsverzugs seiner Kundinnen trat er seine Gegenleistungsansprüche an ein Inkassobüro für 25% des Forderungsnennwerts ab. Das Ausfallrisiko für die Forderungen ging auf das Inkassobüro über. Aufgrund der Abtretung ging der Kläger davon aus, dass er seine Umsätze nur in Höhe des tatsächlich von ihm vereinnahmten Forderungskaufpreises zu versteuern habe. Dem folgte das Finanzamt im Anschluss an eine Außenprüfung nicht, sondern ging davon aus, dass der Kläger nach Maßgabe der mit seinen Leistungsempfängern (den Kundinnen des Fitnessstudios) vereinbarten Entgelte zu besteuern sei, weil diese mit der Abtretung als vereinnahmt gelten und nur im Umfang der Uneinbringlichkeit eine Berichtigung möglich sei.
Hierzu führt der BFH weiter aus: Durch eine Vereinbarung, an der der Leistungsempfänger nicht beteiligt ist, kann das zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger bestehende Rechtsverhältnis nicht geändert werden. Tritt daher der leistende Unternehmer seine Forderung aus dem seiner Leistung zugrunde liegenden Rechtsgeschäft ohne Beteiligung des Leistungsempfängers an einen Forderungserwerber für einen unter dem Nennwert der abgetretenen Forderung liegenden Kaufpreis ab, sind Abtretung und Verkauf der Forderung für die Bestimmung der Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG ohne Bedeutung. Hierdurch wird die erforderliche Übereinstimmung zwischen dem vom Unternehmer zu versteuernden und dem vom Leistungsempfänger aufgewendeten Entgelt gewährleistet (vgl. hierzu z.B. NWB EAAAB-79664).
Anmerkung: Der BFH hat die Sache an das Finanzgericht (FG) zurückverwiesen. Das FG habe noch keine Feststellungen zum Umfang der von den Leistungsempfängern geleisteten Zahlungen - und damit aufgrund der Forderungsabtretung zu den Zahlungen an den Forderungserwerber - getroffen. Der von Wagner in Sölch/Ringleb (UStG, § 10 Rz 173 f.) vertretenen Auffassung, nach der im Falle der Übernahme des Ausfallrisikos durch den Forderungserwerber (sog. echtes Factoring) "das Schicksal der Entgeltsforderung nur noch ein Inkassobüro, nicht aber den Lieferer [berührt]" und eine "Nicht- oder Minderzahlung des Leistungsempfängers an das Inkassounternehmen nicht zur Vorsteuerberichtigung, sondern nur zur Wertberichtigung beim Inkassounternehmer [führt]", so dass "Besteuerung des Lieferers und Vorsteuerabzug auf Grund der Nennwertveräußerung an das Inkassobüro im neutralen Gleichgewicht [bleiben]", hat sich der BFH nicht angeschlossen (vgl. auch Schuhmann in Rau/Dürrwächter, UStG, § 10 Rz 65 "Forderungsabtretung"; ebenso Stadie, UStG, Kommentar 2009, § 10 Rz 30). Hiergegen spreche bereits, dass weder das nationale Umsatzsteuerrecht noch die Richtlinie 77/388/EWG eine Rechtsgrundlage für eine "Wertberichtigung beim Inkassounternehmer" im Fall einer Abweichung zwischen Forderungskaufpreis und tatsächlicher Zahlung des Leistungsempfängers enthalten.
Quelle: BFH online
Hinweis: Das Problem besteht in der Praxis darin, ob und wie der Unternehmer, der umsatzsteuerpflichtige Forderungen abgetreten (verkauft) hat, in Erfahrung bringen kann, inwieweit der Forderungserwerber die Forderung realisiert und wann etwaige Entgeltsminderungen bei dem Forderungsverkäufer geltend gemacht werden können. Der BFH geht davon aus, dass der Unternehmer, wenn er Entgeltsminderungen geltend machen will, durch Vereinbarungen Sorge dafür tragen muss, dass ihm der Forderungskäufer Informationen über die etwaigen Entgeltsausfälle erteilt (wobei der BFH es auch für denkbar hält, dass der Forderungserwerber insoweit auch ohne ausdrückliche Abrede eine vertragliche Nebenpflicht hat). Können keine weiteren Feststellungen zum Umfang der Zahlungen getroffen werden, hält der BFH schließlich auch eine Schätzung für denkbar.
Fundstelle(n):
RAAAF-15593