IFRS-Abschluss | Gesamtergebnisrechnung als Pflichtbestandteil
Der im September 2007 überarbeitete IAS 1 "Darstellung des Abschlusses" ist in europäisches Recht übernommen worden (VO (EG) Nr. 1274/2008 vom , ABl. EU Nr. L 339 vom S. 3).
Neben einigen redaktionellen Anpassungen, Glättungen und Normumstellungen sind zwei Änderungen hervorzuheben: die Gesamtergebnisrechnung und eine dritte Bilanz bei rückwirkenden Änderungen.
1. Gesamtergebnisrechnung: Für alle IFRS-Anwender wird eine "Gesamtergebnisrechnung“ verpflichtend, die entweder als Fortführung der GuV ("single statement") oder gesondert ("separate statement") und dann im unmittelbaren Anschluss an die GuV in den Abschluss aufgenommen werden muss.
Die Gesamtergebnisrechnung zeigt die Veränderungen der erfolgsneutral im Eigenkapital erfassten Aufwendungen und Erträge, z.B.
Währungsumrechnungsdifferenzen oder
Wertänderungen bei zur Veräußerung bestimmten finanziellen Vermögenswerten (available-for-sale).
Das Jahresergebnis lt. GuV und der Saldo aus den erfolgsneutral erfassten Aufwendungen und Erträgen verdichten sich so zum Gesamtergebnis. Diese Kennzahl soll stärker in den Fokus der Abschlussadressaten gerückt werden, so die Intention des IASB.
Indes dürfte das nur gelingen bei einer Darstellung als "single statement", in dem das Jahresergebnis lt. GuV auch optisch nur als Zwischengröße erscheint. Das ist jedoch häufig nicht gewollt, so dass bei Abschlusserstellern das "single statement" auf wenig Gegenliebe stoßen dürfte.
Ohnehin, so steht zu vermuten, würde dem Gesamtergebnis erst dann hohe Aufmerksamkeit zuteil werden, wenn ein "Gesamtergebnis je Aktie" gefordert würde: Das ist aber nicht der Fall - es bleibt beim "Ergebnis (lt. GuV) je Aktie".
Die Gesamtergebnisrechnung ersetzt nicht den nach wie vor aufzustellenden Eigenkapitalspiegel. Der Abschlussadressat erhält somit umfassende - wenngleich zum Teil redundante - Informationen über die Quellen und Gründe der Eigenkapitalveränderungen.
2. Erstellung einer dritten Bilanz bei rückwirkenden Änderungen: Betreffen rückwirkende Änderungen eines Jahresabschlusses einen im Abschluss nicht mehr dargestellten Zeitraum, ist eine dritte Bilanz aufzustellen. Stichtag hierfür ist der Tag des Beginns des Vergleichsvorjahres. Ursächlich für eine solche rückwirkende Änderung könnten sein
eine Fehlerkorrektur,
neu oder anders ausgeübte Bilanzierungsmethoden oder Darstellungsweisen.
Beispiel: Ein Hochbau-Unternehmen finanziert den Bau von Gewerbe-Immobilien über Bankdarlehen und hat bislang die Zinskosten für diese sog. qualifizierten Vermögenswerte (qualifying assets) nicht aktiviert. Das Unternehmen beschließt nun, die Zinskosten für diese qualifying assets im Abschluss 2009 zu aktivieren. Dabei macht es von dem Wahlrecht Gebrauch, die Aktivierung rückwirkend für alle qualifying assets vorzunehmen, die ab 2003 zugegangen sind (siehe hierzu nachfolgend). Also müssen die Zinskosten periodengerecht im Jahr 2009 und rückwirkend für 2008 aktiviert werden. Für die Jahre 2003 bis 2007 erfolgt zum eine Bilanzanpassung. Diese Bilanzanpassung ist nunmehr auch durch Veröffentlichung der dritten Bilanz optisch ersichtlich (zu einem Zahlenbeispiel vgl. auch Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, Köln 2007, Rz. 1146).
3. Anwendung: Die Neufassung des IAS 1 ist anzuwenden spätestens für Geschäftsjahre, die nach dem beginnen. Die Gesamtergebnisrechnung ist nicht nur für das Geschäftsjahr 2009, sondern bereits für das Vergleichsvorjahr 2008 aufzustellen.
Quelle: Prof. Dr. Carsten Theile, Bochum
Fundstelle(n):
GAAAF-14311