Suchen
Online-Nachricht - Mittwoch, 27.01.2010

Umsatzsteuer | Vorsteuerabzug für die Errichtung eines privat genutzten Anbaus (BFH)

Errichtet ein Unternehmer ein ausschließlich für private Wohnzwecke zu nutzendes Einfamilienhaus als Anbau an eine Werkshalle auf seinem Betriebsgrundstück, darf er den Anbau nicht seinem Unternehmen zuordnen, wenn beide Bauten räumlich voneinander abgrenzbar sind. In diesem Fall steht ihm kein Vorsteuerabzug aus den Kosten für die Errichtung des Anbaus zu (; veröffentlicht am ).


Sachverhalt: Der Inhaber eines Buchbinderbetriebs (Kläger) errichtete auf seinem Grundstück eine Werkshalle. Später errichtete er eine sog. Betriebsleiterwohnung, die in Gestalt eines Einfamilienhauses fertig gestellt wurde und seither vom Kläger zu privaten Wohnzwecken genutzt wird. Die Errichtung erfolgte bautechnisch in der Weise, dass die Werkshalle teilweise durch den Anbau des Einfamilienhauses austragend überdacht wurde. Sämtliche Versorgungs- sowie Entsorgungsleitungen des Neubaus verlaufen über die Werkshalle. Der Anbau wurde auf die Eckfundamente der Werkshalle aufgesetzt. Die zwischen der Betriebsleiterwohnung und der Werkshalle liegende Wand ist hinsichtlich dieses Teiles dünn und nicht als Außenwand geeignet. In seiner Umsatzsteuererklärung  machte der Kläger die bei der Herstellung des Einfamilienhauses entstandenen Vorsteuerbeträge geltend.
Hintergrund: Ein Unternehmer, der ein Gebäude errichtet, das er teilweise unternehmerisch und teilweise nichtunternehmerisch (zu eigenen Wohnzwecken) nutzt, darf das Gebäude insgesamt seinem Unternehmen zuordnen und die auf das gesamte Gebäude - einschließlich des nichtunternehmerisch genutzten Teils - entfallenden Vorsteuerbeträge abziehen (NWB TAAAB-72686).
Dazu führt der BFH weiter aus: Da der Kläger sein Einfamilienhaus ausschließlich für private Wohnzwecke und damit nichtunternehmerisch nutzt, stünde ihm ein derartiges Zuordnungswahlrecht nur zu, wenn der Anbau als Bestandteil gemeinsam mit der schon bisher vorhandenen Werkshalle als ein einheitliches - nunmehr gemischtgenutztes - Gebäude anzusehen wäre. Der Kläger hat mit der Errichtung des Einfamilienhauses ein von der Werkshalle getrenntes Wirtschaftsgut im umsatzsteuerrechtlichen Sinne neu hergestellt, sodass im Hinblick auf die ausschließliche private Nutzung des Einfamilienhauses von vornherein kein Zuordnungswahlrecht bestand. Der Anbau ist jedenfalls dann ein selbständiges Wirtschaftsgut, wenn er von dem bereits bestehenden Gebäude hinreichend abgrenzbar ist und zwischen den Bauten kein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang besteht. Im Streitfall ist das neu errichtete Einfamilienhaus von der vorhandenen Werkshalle abgrenzbar. Die bautechnischen Verflechtungen zwischen der Betriebshalle und dem Anbau sind nicht dergestalt, dass keine hinreichend klare Trennung zwischen dem Einfamilienhaus und der Werkshalle mehr erkennbar wäre. So existiert kein Durchgang zwischen dem Einfamilienhaus und der Betriebshalle. Ein getrennter Zugang zu den Bauten bedeutet, dass auch nach dem erkennbaren Willen des Klägers insoweit eine klare Trennung gewünscht war. Gemeinsame Versorgungsleitungen und teilweise gemeinsame Eckfundamente sowie das Fehlen einer eigenen Außenwand bei dem Einfamilienhaus reichen nicht aus, um ein einheitliches Gebäude anzunehmen. Das Einfamilienhaus steht außerdem wegen der ausschließlich privaten Nutzung in keinem einheitlichen Nutzungs-  und Funktionszusammenhang mit der Werkshalle.
Anmerkung: Ungeachtet der zivilrechtlichen und bautechnischen Gegebenheiten stellte der Senat darauf ab, dass zwischen den Bauten „kein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang“ bestand. Auch die zeitversetzte Errichtung der Bauteile war nicht entscheidungserheblich. Die Zuordnung zum Unternehmensvermögen wäre offenbar jedoch möglich gewesen, wenn der Wohnhaus-Anbau auch als Büro genutzt und mittels Tür mit der Halle verbunden worden wäre.
Quelle: BFH online
Hinweis: Zur Anwendung der Seeling-Rechtsprechung hat die OFD Karlsruhe (NWB ZAAAD-15472 ) mittlerweise klargestellt, dass die Zuordnungsentscheidung grundsätzlich durch die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs in der Umsatzsteuervoranmeldung direkt bei Leistungsbezug zu treffen ist. Es soll jedoch nicht beanstandet werden, wenn die Zuordnungsentscheidung erst bei Abgabe der Erklärung des Jahres, in dem die jeweiligen Leistungen bezogen wurden, getroffen und der Vorsteuerabzug geltend gemacht wird. Eine spätere Zuordnung, z.B. durch die Abgabe einer berichtigten Umsatzsteuerjahreserklärung, soll jedoch nicht zulässig sein. 
 

 

Fundstelle(n):
GAAAF-14110