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Online-Nachricht - Mittwoch, 02.12.2009

Beratungshaftung | Anlageberater müssen Wirtschaftspresse beobachten (BGH)

Anlageberater müssen die Wirtschaftspresse zeitnah, d.h. bei täglich erscheinenden Zeitungen in der Regel innerhalb von drei Tagen, auf Veröffentlichungen hinsichtlich der von ihnen vertriebenen Anlageprodukte durchsehen. Tun sie das nicht, verletzen sie ihre Pflichten aus einem Beratervertrag, wenn ihnen relevante Informationen entgehen ().


Sachverhalt: Am untersagte das damalige Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen der R-Gesellschaft für Vermögensplanung und Finanzdienstleistungen mbH das weitere Betreiben von Einlagegeschäften auf der Grundlage sogenannter stiller Gesellschaftsverträge und ordnete die Rückabwicklung der Einlagegeschäfte an. Das Bundesaufsichtsamt gab dies in einer Pressemitteilung vom bekannt. Am wurde im Handelsblatt über die Untersagungsverfügung berichtet. Die Beklagte bezog das Handelsblatt nicht und wertete dies auch nicht aus. Anfang Dezember 1998 empfahl der Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger und seiner Ehefrau in einem Beratungsgespräch den Beitritt zu der "stillen Beteiligungsgesellschaft R (GbR)" mit einem Beteiligungsbetrag von 100.000 DM“. Die Ehefrau des Klägers folgte dieser Empfehlung. Mit Schreiben vom bestätigte die R-GmbH der Ehefrau des Klägers den Eingang ihrer Beitrittserklärung. Im April 2001 wurde das Insolvenzverfahren über die Firma R-GmbH eröffnet. Der Kläger verlangte deshalb von der Beklagten Schadensersatz wegen einer fehlerhaften Beratung in Zusammenhang mit der Zeichnung einer Beteiligung an einer stillen Beteiligungsgesellschaft R. (GbR). Das LG gab der Klage zum Teil statt; das OLG wies sie ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Berufung zurück.

Dazu führt der BGH aus: Bei einem Beratungsvertrag ist der Anlageberater zu mehr als nur zu einer Plausibilitätsprüfung verpflichtet. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Ein Anlageberater ist deshalb gehalten, eine Anlage, die er empfehlen will, mit üblichem kritischem Sachverstand zu prüfen, oder den Anleger auf ein diesbezügliches Unterlassen hinzuweisen. Ein Anlageberater, der sich in Bezug auf eine bestimmte Anlageentscheidung als kompetent geriert, hat sich aktuelle Informationen über das Anlageobjekt zu verschaffen, das er empfehlen will. Dazu gehört auch die Auswertung vorhandener Veröffentlichungen in der Wirtschaftspresse. Bei einer privaten Anleihe muss danach über zeitnahe und gehäufte negative Berichte in der Börsenzeitung, der Financial Times Deutschland, dem Handelsblatt und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung unterrichtet werden (Senatsurteil vom 5.3.2009 - III ZR 302/07). Zur Erfüllung der Informationspflichten des Anlageberaters über die von ihm empfohlene Anlage gehört es grundsätzlich nicht, sämtliche Publikationsorgane vorzuhalten, in denen Artikel über die angebotene Anlage erscheinen können. Vielmehr kann der Anlageberater selbst entscheiden, welche Auswahl er trifft, solange er nur über ausreichende Informationsquellen verfügt.

Quelle: BFH online

 

Fundstelle(n):
EAAAF-13746