Einkommensteuer | Aufdeckung stiller Reserven bei Veräußerung eines Liebhabereibetriebs (FG)
Anknüpfungspunkt für die Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung eines Liebhabereibetriebs ist in zeitlicher und wertmäßiger Hinsicht der Zeitpunkt des Übergangs vom steuerlich relevanten Betrieb zum Liebhabereibetrieb. Die auf diesen Zeitpunkt festgestellten stillen Reserven sind unabhängig von der Höhe des später erzielten Veräußerungserlöses als Aufgabegewinn zu versteuern (; Revision durch BFH zugelassen).
Hintergrund: Streitig ist die Berechnung eines Gewinns aus der Veräußerung eines Liebhabereibetriebes. Gem. § 16 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 und 7 EStG ist Aufgabegewinn der Betrag, um den der gemeine Wert nach Abzug der Aufgabekosten den Wert des Betriebsvermögens übersteigt. Dabei wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre (§ 9 Abs. 2 BewG). Sofern der gemeine Wert um den Wert des Betriebsvermögens gemindert wird, ergeben sich die im Betriebsvermögen gespeicherten stillen Reserven.
Sachverhalt: Klägerin und ihr Ehemann betrieben bis zum Jahr 2008 ein Hotel in Form einer GbR. Beide Ehegatten waren an dieser GbR zu 50% beteiligt. Das Hotel wurde 1983 eröffnet und erwirtschaftete von 1982 bis einschließlich 1999 jährlich Verluste. Im Rahmen einer im Jahre 2001 erfolgten tatsächlichen Verständigung stimmten die Verhandlungsteilnehmer überein, dass die erklärten Verluste bis einschließlich 1993 als Anlaufverluste anzusehen waren. Für die Zeit ab dem VZ 1994 sei davon auszugehen, dass es sich um einen sogenannten Liebhabereibetrieb handele. Die zum in dem Hotelbetrieb ruhenden stillen Reserven belaufen sich ausweislich der tatsächlichen Verständigung auf insg. ca. 3 Mio. DM. 2008 veräußerte die Klägerin das Hotel schließlich für 1.850.000 €. In der Einkommensteuererklärung machte die Klägerin einen Veräußerungsverlust geltend. Das Finanzamt berücksichtigte demgegenüber einen Veräußerungsgewinn, indem es die zum festgestelltem stillen Reserven hinzuaddierte.
Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:
Die im Jahr 2008 erfolgte Veräußerungshandlung stellt keine steuerlich relevante Betriebsveräußerung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG dar. Vielmehr liegt in der Veräußerungshandlung die für steuerliche Zwecke seit 1993 hinausgeschobene Betriebseinstellung. Die Hinausschiebung bewirkt ausschließlich eine spätere Versteuerung des bereits im Jahr 1993 "angelegten" Betriebsaufgabegewinns.
Durch die spätere Versteuerung soll vermieden werden, dass der Steuerpflichtige alleine aufgrund einer steuerlichen Umqualifizierung des gewerblichen Betriebes in einen Liebhabereibetrieb gezwungen wird, seinen Betrieb zu veräußern, um die Mittel zur Begleichung der durch den Aufgabegewinn entstandenen Steuern aufzubringen.
Dem gegenüber soll der Steuerpflichtige, der seinen Betrieb nach der Umqualifizierung zum Liebhabereibetrieb zunächst fortführt und später einstellt, nicht besser gestellt werden als jeder andere Steuerpflichtige, der seinen Betrieb aufgibt.
Derjenige, der seinen Betrieb aufgibt und sein Betriebsvermögen in das Privatvermögen überführt, hat die stillen Reserven zu versteuern, ohne dass ihm ein Veräußerungserlös und damit tatsächlich ein Gewinn zugeflossen ist.
Wertänderungen des Betriebsvermögens während der Zugehörigkeit zum Liebhabereibetrieb sind - vorbehaltlich einer Erfassung im Privatvermögen nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG - steuerlich unbeachtlich.
Quelle: NWB Datenbank
Hinweis: Das Finanzgericht hat die Revision zum BFH zunächst nicht zugelassen. Auf eine entsprechende Nichtzulassungsbeschwerde hin, ist nun jedoch ein Revisionsverfahren anhängig (BFH-Az. NWB RAAAF-06268In geeigneten Fällen können Sie sich daher auf dieses Aktenzeichen berufen. Entsprechende Einspruchsverfahren ruhen dann gem. § 363 Abs. 2 Satz 2 AO.
Fundstelle(n):
HAAAF-12747