Verfahrensrecht | Verpflichtung zur Datenüberlassung bei gekündigtem Mandat (FG)
Ein Steuerberater ist zur Überlassung eines Datensticks mit der Buchführung seines Mandanten an die Finanzverwaltung bzw. alternativ zur Freigabe der Daten bei der DATEV e.G. verpflichtet. Dem stehen die Zurückbehaltungsrechte aus § 66 StBerG gegenüber dem Mandanten nicht entgegen (; Beschwerde zugelassen).
Hintergrund: Nach § 66 Abs. 2 StBerG kann der Steuerberater seinem Auftraggeber die Herausgabe der Handakten verweigern, bis er wegen seiner Gebühren und Auslagen befriedigt ist.
Sachverhalt: Die Antragstellerin, eine Steuerberatungsgesellschaft, wendet sich im Rahmen eines Eilverfahrens gegen ein Herausgabeverlangen des Finanzamtes. Die Antragstellerin wurde von A mit der steuerlichen Vertretung beauftragt. Für die Jahre 2010 bis 2012 hat die Antragstellerin die Steuererklärungen und Gewinnermittlungen für A gefertigt. Ab dem VZ 2013 ist ein neuer Steuerberater tätig. Das Finanzamt ordnete 2014 bei A eine Außenprüfung für die Jahre 2010 bis 2012 an. Diesbezüglich teilten die jetzigen Steuerberater des A dem Prüfer mit, dass die erforderlichen Unterlagen sich bei der Antragstellerin befinden würden, die wegen offener Honorarforderungen ein Zurückbehaltungsrecht geltend mache. Das Finanzamt forderte den Antragsgegner daraufhin auf, für A einen Datenträger mit den Buchführungsdaten zur Durchführung einer Betriebsprüfung für die Jahre 2010 bis 2012 unverzüglich herauszugeben, hilfsweise gegenüber DATEV unverzüglich, schriftlich die Zustimmung zur Erstellung und Übersendung eines entsprechenden Datenträgers zu erklären.
Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:
Das Finanzamt kann gemäß §§ 147 Abs. 6 Satz 2, 97 i. V. m. § 104 Abs. 2 AO von der Antragstellerin die Herausgabe verlangen. Die entsprechende Ermessensentscheidung des Finanzamts ist rechtmäßig (§ 102 FGO).
Die Ermächtigungsgrundlage für das Verlangen auf Herausgabe eines Datenträgers ergibt sich aus § 147 Abs. 6 Satz 2 AO. Danach hat die Finanzbehörde im Rahmen einer Außenprüfung das Recht, Einsicht in die gespeicherten Daten zu nehmen, wenn die Unterlagen mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden sind. Nach Satz 2 dieser Vorschrift kann die Finanzbehörde auch verlangen, dass ihr die gespeicherten Unterlagen auf einem maschinell verwertbaren Datenträger zur Verfügung gestellt werden.
Der Umstand, dass es zwischen der Antragstellerin und A zivilrechtliche Streitigkeiten über die jeweilige Erfüllung der Vertragspflichten gibt und ggf. die Antragstellerin auch eine Betrugsanzeige gegen A erhebt, ändert nichts daran.
Dem Herausgabeverlangen steht auch nicht ein Zurückbehaltungsrecht entgegen. § 66 Abs. 2 StBerG gilt nicht, soweit die Vorenthaltung der Handakten und der einzelnen Schriftstücke nach den Umständen unangemessen ist. Ob und inwieweit danach die Antragstellerin gegenüber dem Steuerpflichtigen im Streitfall die Herausgabe verweigern darf, kann vorliegend offen bleiben. Denn der Steuerberater ist nicht berechtigt, sich gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Vorlageanspruch der Finanzverwaltung auf sein Zurückbehaltungsrecht zu berufen. Insoweit fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage.
Anmerkung: Das Herausgabeverlangen ist nach Ansicht des Finanzgerichts auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil A in dem Zivilverfahren gegenüber der Antragstellerin eine nicht oder nicht ordnungsgemäße Erfüllung der vertraglichen Pflichten behauptet und deshalb die Leistung verweigert sowie bereits geleistete Zahlungen zurückfordert. Inwieweit zivilrechtlich Erfüllungsansprüche bestehen oder nicht bestehen und eine Leistung ordnungsgemäß erbracht ist oder nicht, spiele für das vorliegend streitige öffentlich-rechtliche Verlangen keine Rolle. Schließlich sei das Herausgabeverlangen auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil durch dessen Erfüllung das Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Steuerpflichtigen konterkariert werden würde. Denn – so das Finanzgericht weiter – der Datenspeicherstick würde hier nach Abschluss der Prüfung nicht an A herausgegeben werden. Die Möglichkeit, dass A durch Akteneinsicht Teile der – möglicherweise dann ausgedruckten – Buchführung einsehen könne, um zu Feststellungen der Betriebsprüfung Stellung nehmen zu können, führe zu keinem anderen Ergebnis.
Quelle: NWB Datenbank
Hinweis: Das Finanzgericht hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache eine Beschwerde zum BFH zugelassen.
Fundstelle(n):
ZAAAF-12741