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Online-Nachricht - Freitag, 06.06.2014

DBA-Schweiz | Überdachende Besteuerung nach Wegzug europarechtswidrig (FG)

Der 3. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg ist der Auffassung, dass die sog. überdachende Besteuerung von Arbeitnehmern, die ihren Wohnsitz in Deutschland aufgeben und in die Schweiz wegziehen, gegen das zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) und ihren Mitgliedsstaaten abgeschlossene Freizügigkeitsabkommen verstößt. Er hat daher das Klageverfahren ausgesetzt und die Frage der Europarechtswidrigkeit dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt ().

Hintergrund: Die überdachende Besteuerung ermöglicht dem deutschen Fiskus den Zugriff auf Einkünfte aus deutschen Quellen im Jahr des Wegzugs in die Schweiz und in den folgenden fünf Kalenderjahren (Art. 4 Abs. 4 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/2002). Dies betrifft insbesondere den Arbeitslohn, der nach dem Wegzug als Grenzgänger für eine Tätigkeit bei einem deutschen Arbeitgeber bezogen wird. Die deutsche Besteuerung greift allerdings nur dann, wenn der Wegzüger kein Schweizer Staatsbürger ist. Das Finanzgericht sieht darin eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit sowie einen Verstoß gegen die Bestimmungen über die Arbeitnehmer- und Personen- Freizügigkeit.

Sachverhalt: Der Kläger des Streitfalls hatte seinen Wohnsitz in Deutschland Ende Juli 2008 aufgegeben und war in die Schweiz weggezogen. Anschließend war er jedoch weiterhin als Geschäftsführer für eine in Deutschland ansässige GmbH – die Tochtergesellschaft eines schweizerischen Konzerns – tätig. Für den seither bezogenen Arbeitslohn führte die GmbH lediglich eine Quellensteuer von 4,5% an den deutschen Fiskus ab. Der Kläger versteuerte den Arbeitslohn ansonsten an seinem Wohnsitz in der Schweiz. Zum Streit kam es, weil das deutsche Finanzamt den Kläger trotzdem – unter Anrechnung der schweizerischen Steuer – zur (erheblich höheren) deutschen Einkommensteuer heranziehen wollte.

Dem EuGH wurde  folgende Rechtsfrage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Sind die Vorschriften des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit vom (BGBl II 2001, 810 ff.), das am vom Bundestag als Gesetz beschlossen worden (BGBl II 2001, 810) und am in Kraft getreten ist (FZA bzw. Freizügigkeitsabkommen), insbesondere dessen Präambel, Art. 1, 2, 21, sowie Art. 7, 9 des Anhangs I dahin auszulegen, dass sie es nicht zulassen, einen aus dem Inland in die Schweiz verzogenen Arbeitnehmer, der nicht die Schweizer Staatsangehörigkeit besitzt und seit dem Zuzug in die Schweiz sog. umgekehrter Grenzgänger i.S.v. Art. 15a Abs. 1 DBA-Schweiz 1971/2002 ist, nach Art. 4 Abs. 4 DBA-Schweiz i.V.m. Art. 15a Abs. 1 Satz 4 DBA-Schweiz 1971/2002 der deutschen Besteuerung zu unterwerfen?

Quelle: FG Baden-Württemberg online

Hinweis: Das Verfahren ist beim EuGH unter dem Az.: C-241/14 anhängig. Den Text der Entscheidung des Finanzgerichts finden Sie in der Rechtssprechungsdatenbank des Landes nach Eingabe des Aktenzeichens. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

 

Fundstelle(n):
XAAAF-11479