Haftungsrecht | Verjährungsbeginn bei Beraterhaftung (BFH)
Die Verjährung eines gegen einen Rechtsanwalt gerichteten Ersatzanspruchs beginnt erst dann zu laufen, wenn der Mandant Schaden und die Pflichtwidrigkeit des Beraters erkannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht erkannt hat ().
Hintergrund: Ansprüche gegen Rechtsanwälte und Steuerberater verjähren nach drei Jahren ab dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Mandant von der Person des Schuldners und von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (Regelmäßige Verjährung, § 199 Abs. 1 BGB), ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an (§ 199 Abs. 4 BGB). Bisher war höchstrichterlich ungeklärt, welche genaueren Anforderungen an die Kenntnis des Mandanten zu stellen sind, damit die Verjährung zu laufen beginnt.
Sachverhalt: Die Klägerin verlangt von dem beklagten Rechtsanwalt Schadensersatz in Höhe von rund 20.000 € wegen fehlerhafter Beratung im Rahmen eines Mietprozesses. Der Beklagte hatte die Klage zu spät eingereicht und trotz eines gerichtlichen Hinweises auf die Verjährung die Fortsetzung des Rechtsstreits empfohlen. Die Regressklage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Der Regressanspruch der Klägerin sei im Jahr 2005 entstanden und somit verjährt. Sie habe spätestens 2006 aufgrund des gerichtlichen Hinweises Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände erlangt. Ausreichend sei allein die Kenntnis der Umstände und nicht die rechtlich zutreffende Bewertung. Es sei insbesondere nicht erforderlich, dass der Mandant aus den ihm bekannten Umständen bereits den Schluss auf einen Schadensersatzanspruch gegen den Rechtsanwalt gezogen habe.
Hierzu führte das Gericht u.a. aus:
Eine Verjährung des Regressanspruchs ist nicht eingetreten.
Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der den Anspruch begründenden Umstände liegen nicht schon dann vor, wenn dem Gläubiger Umstände bekannt werden, nach denen zu seinen Lasten ein Rechtsverlust eingetreten ist (hier: Hinweis des Gerichts auf Verjährung).
Vielmehr muss der Mandant auch Kenntnis von solchen Tatsachen erlangen, aus denen sich für ihn - zumal wenn er juristischer Laie ist - ergibt, dass der Rechtsberater von dem üblichen rechtlichen Vorgehen abgewichen ist oder Maßnahmen nicht eingeleitet hat, die zur Vermeidung eines Schadens erforderlich waren.
Die vom Berufungsgericht vertretene Ansicht, die bloße Kenntnis der anwaltlichen Beratung und der ihr zugrundeliegenden tatsächlichen Umstände reichten aus, greift daher zu kurz.
Rät der Berater - wie im Streitfall - zur Fortsetzung des Rechtsstreits, hat der Mandant sogar dann keine Kenntnis von der Pflichtwidrigkeit des Beraters, wenn das Gericht oder der Gegner zuvor auf eine Fristversäumung hingewiesen hat.
Anmerkung: Die Entscheidung ist auf die Steuerberaterhaftung ohne Weiteres übertragbar. Zur Begründung seiner Ansicht verweist der BGH auf seine Rechtsprechung zur Arzt-, Amts- und Prospekthaftung, wo die gleichen Grundsätze gelten.
Quelle: NWB Datenbank
Autor: Ingo Ehlers, Rechtsanwalt, Freiburg
Fundstelle(n):
PAAAF-11259