Berufsrecht | Haftung des Erben für pflichtwidrige Gestaltungsberatung (LG)
Nach dem Tod eines Steuerberaters, der sich mit einem anderen Steuerberater in einer GbR-Sozietät zusammengeschlossen hatte, haftet der Erbe (hier: dessen Ehefrau) auch dann für Nachlassverbindlichkeiten, die aus einer Gesellschafterhaftung des Erblassers wegen pflichtwidriger Gestaltungsberatung eines Mandanten herrühren, wenn der Gesellschaftsvertrag eine qualifizierte Fortsetzungsklausel enthält, die dazu führt, dass der Gesellschaftsanteil des Erblassers "am Nachlass vorbei" im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf den anderen Gesellschafter übertragen worden ist ().
Hintergrund: Ist im Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass, wenn ein Gesellschafter kündigt oder stirbt, die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehen soll, so scheidet bei dem Eintritt eines solchen Ereignisses der Gesellschafter, in dessen Person es eintritt, aus der Gesellschaft aus. Die für Personenhandelsgesellschaften geltenden Regelungen über die Begrenzung der Nachhaftung (§ 160 Abs. 1 Satz 1 HGB) gelten sinngemäß (§ 736 BGB).
Sachverhalt: Der Kläger nimmt die Beklagte als Alleinerbin des verstorbenen Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters auf Schadensersatz wegen steuerlicher Fehlberatung in Anspruch. Der verstorbene Steuerberater verfügte über ein Dauermandat des Klägers. Er war zunächst in einer Einzelkanzlei tätig und schloss sich später mit seinem Sohn, der ebenfalls Steuerberater war, zu einer Sozietät zusammen. Der Kläger behauptete, der Verstorbene habe ihn falsch beraten, da seine Gestaltungsberatung zu einer vermeidbaren Steuerlast geführt habe.
Hierzu führte das Landgericht weiter aus:
Die Beratung des Verstorbenen war im Streitfall pflichtwidrig. Die (Mit-) Haftung des Sohnes - als Gesellschafter der Sozietät - bedeutet nicht, dass die Beklagte als Erbin des verstorbenen Steuerberaters für die Folgen der Falschberatung nicht haften würde. Bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts haften neben dieser die einzelnen Gesellschafter, somit auch der Verstorbene.
Mit seinem Tod wurde die Gesellschaft trotz Fortsetzungsklausel aufgelöst, weil es keine eingliedrige Gesellschaft bürgerlichen Rechts gibt. Doch besteht eine fünfjährige Nachhaftung der Ehefrau als Alleinerbin gemäß § 736 Abs. 2 BGB, 160 Abs. 1 Satz 1 HGB.
Für die Nachhaftung des Erben gibt es zwei Anknüpfungspunkte, die kumulativ vorliegen müssen: den Tod des Erblassers, der ein Unterfall des Ausscheidens aus der Gesellschaft ist, sowie die Erbenstellung, die zur Haftung für Nachlassverbindlichkeiten führt, § 1967 Abs. 1 BGB.
Anmerkung: Im Fall des Ausscheidens durch Erbfall haftet der Erbe (nur) zivilrechtlich (§ 1967 BGB) als Erbe des persönlich haftenden Gesellschafters für dessen Altverbindlichkeiten, wozu auch die Gesellschafterhaftung des Erblassers (vgl. § 128 HGB) gehört, für die auch der nicht in die Gesellschafterstellung einrückende Erbe nach allgemeinen erbrechtlichen Grundsätzen haftet – einer gesellschaftsrechtlichen Eigenhaftung unterliegt er also nicht (vgl. K. Schmidt, in MünchKomm-HGB, 3. Aufl. 2011, § 139, Rn. 99). Insoweit sah sich die Ehefrau des verstorbenen Steuerberaters, der einen langjährigen Mandanten im Streitfall pflichtwidrig zur Gründung ausländischer (Domizil-) Gesellschaften geraten hatte, immerhin Schadensersatzforderungen von rund 216.000 € ausgesetzt, die auch die Gründungskosten für diese Gesellschaften als selbständige Schadenspositionen beinhalteten.
Quelle: Justizportal Nordrhein-Westfalen
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Fundstelle(n):
UAAAF-10618