Umsatzsteuer | Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen (FG)
Die Voraussetzungen der Geschäftsveräußerung im Ganzen wurden bisher nur in Fällen angenommen, in denen der Betrieb auf ein Umsatzsteuersubjekt übertragen wurde, das den übertragenen Betrieb weiterführte. Nicht anders ist jedoch zu entscheiden, wenn der Geschäftsbetrieb zwar auf mehrere Umsatzsteuersubjekte übertragen wird, diese aber den früheren Geschäftsbetrieb in der bisherigen Form nur gemeinsam weiterführen können und dies auch tun (; Revision anhängig).
Hintergrund: Nach § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG unterliegen die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird (§ 1 Abs. 1 a Satz 2 UStG). Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers (§ 1 Abs. 1a Satz 3 UStG). § 1 Abs. 1a UStG dient der Umsetzung von Art. 5 Abs. 8 und Art. 6 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art. 19 MwStSyStRL) in nationales Recht und ist entsprechend dieser Bestimmung richtlinienkonform auszulegen.
Sachverhalt: Der Kläger betrieb seit über 30 Jahren ein Bauunternehmen. Zum wurde das Einzelunternehmen in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und eine GmbH & Co. KG aufgeteilt. Im Streitfall hat die KG zwar die unternehmerische Tätigkeit (Tiefbauunternehmen u.a.) des Klägers fortgeführt, doch ermöglichte der ihr übertragene Teil des Unternehmensvermögens die Ausübung dieser Tätigkeit nicht, weil sie über keinerlei Anlagevermögen, insbesondere keine Baufahrzeuge verfügte. Das der GbR übertragene Anlagevermögen hätte dagegen die Ausübung einer der ursprünglichen wirtschaftlichen Tätigkeit des Klägers vergleichbaren Tätigkeit ermöglicht, doch wurde es dafür nicht genutzt. Die GbR hat es der KG vielmehr wie vereinbart unentgeltlich überlassen.
Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:
Soweit ersichtlich wurden die Voraussetzungen der Geschäftsveräußerung im Ganzen bisher nur in Fällen, in denen der Geschäftsbetrieb oder ein Teilbetrieb auf ein Umsatzsteuersubjekt übertragen wurde, das den übertragenen (Teil-)Betrieb weiterführte, als erfüllt angesehen.
Nach Meinung des Senates ist aber, ausgehend vom Zweck der Vorschrift, die Übertragung von Unternehmen oder Unternehmensteilen zu erleichtern und zu vereinfachen, und unter Beachtung des Grundsatzes der Neutralität der Umsatzsteuer nicht anders zu entscheiden, wenn - wie im Streitfall - der Geschäftsbetrieb zwar auf mehrere Umsatzsteuersubjekte übertragen wird, diese aber den früheren Geschäftsbetrieb in der bisherigen Form nur gemeinsam weiterführen können und dies auch tun.
Anmerkung: Die beiden Gesellschaften (KG und GbR) waren nach Auffassung des Finanzgerichts im Streitfall nur gemeinsam in der Lage, den bisherigen Geschäftsbetrieb fortzuführen. Im Streitfall komme hinzu, dass an sämtlichen beteiligten Gesellschaften jeweils dieselben natürlichen Personen im selben Verhältnis beteiligt waren. Wirtschaftlich gewollt war die Beteiligung der Söhne am Unternehmen des Vaters unter gleichzeitiger Begrenzung des Haftungsrisikos durch Auslagerung des Anlagevermögens in eine eigenständige Gesellschaft, die gerade „nichts tun” sollte, außer eben der Betriebsgesellschaft dieses „ihr vorenthaltene” Anlagevermögen wieder zum Gebrauch zur Verfügung zu stellen. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise bildeten die beiden Gesellschaften zusammen das frühere Einzelunternehmen des Klägers ab, so das Finanzgericht.
Quelle: NWB Datenbank
Hinweis: Das Finanzgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Das Revisionsverfahren wird beim BFH unter dem Aktenzeichen V R 36/13 geführt. Einspruchsverfahren, in denen sich Stpfl. auf das anhängige Revisionsverfahren berufen, ruhen gem. § 363 Abs. 2 Satz 2 AO kraft Gesetzes.
Fundstelle(n):
GAAAF-10491