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Online-Nachricht - Donnerstag, 17.10.2013

Erbschaftsteuer | Zur Freistellung eines Familienheims bei Erbauseinandersetzungen (FG)

Die erbschaftsteuerliche Freistellung eines Familienheims und von vermietetem Grundvermögen setzt im Falle einer Erbauseinandersetzung nicht voraus, dass diese zeitnah, d.h. innerhalb von sechs Monaten, erfolgt - entgegen R E 13.4. Abs. 5 Satz 4, Abs. 7 Satz 6 ErbStR, H E 13.4. "Freie Erbauseinandersetzung" ErbStH und RE 13c Abs. 4 Satz 10 ErbStR, H E 13c "Freie Erbauseinandersetzung" ErbStH (; Revision zugelassen).

Hintergrund: Von der Erbschaftsteuer befreit ist u.a. der Erwerb eines sog. Familienheims durch Kinder, soweit der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat, die beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist und soweit die Wohnfläche der Wohnung 200 qm nicht übersteigt (§ 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG). Nach Meinung der Finanzverwaltung soll die Steuerbefreiung im Falle einer freien Erbauseinandersetzung unter den Erben nur dann zur Anwendung kommen, wenn diese zeitnah erfolgt (in R E 13.4 Abs. 5 Satz 4, Abs. 7 Satz 6 ErbStR 2012). Als „zeitnah“ wird dabei – unter Verweis auf Tz. 8 des BMF-Schreibens zur ertragsteuerlichen Behandlung der Erbengemeinschaft und ihrer Auseinandersetzung v. (NWB WAAAB-80130) – ein Zeitraum von sechs Monaten angesehen (H E 13.4. „Freie Erbauseinandersetzung“ ErbStH).
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten über die erbschaftsteuerliche Begünstigung eines teilweise selbstgenutzten, teilweise vermieteten Grundbesitzes, soweit er von dem Kläger im Wege einer Erbauseinandersetzung erworben wurde. Der Kläger hat das streitgegenständliche Grundstück „als Kind des Erblassers gemeinsam mit seiner Schwester am anteilig von Todes wegen erworben. Das Objekt wurde bis zu dem Tod des Vaters des Klägers zunächst gemeinsam von diesem und der Schwester des Klägers bewohnt, danach von der Schwester des Klägers alleine. Ende 2011 zog der Kläger zusammen mit seiner Frau anstelle der Schwester in das Gebäude ein. Die endgültige Erbauseinandersetzung erfolgte erst im März 2012. Dabei bekam der Kläger durch notariellen Vertrag das Familienheim zum Alleineigentum. Seine Schwester erhielt u.a. anderen Grundbesitz zum Alleineigentum.
Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:

  • Der Kläger hat im Streitfall den hälftigen Miteigentumsanteil an dem Familienheim als begünstigtes Vermögen von seiner Schwester im Rahmen einer Teilung des Nachlasses übertragen bekommen und dafür nicht begünstigtes Vermögen hingegeben. Es ist nicht erforderlich, dass die Teilung des Nachlasses zeitnah, also innerhalb eines halben Jahres nach dem Erbfall zu erfolgen hat.

  • Der Senat folgt der o.g. einschränkenden Auffassung der Finanzverwaltung hinsichtlich der zeitlichen Komponente der Erbauseinandersetzung nicht. Sie findet weder im Wortlaut noch in Systematik oder Zweck der Vorschrift eine Grundlage.

  • Bei der Bestimmung der von § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 1 ErbStG geforderten "unverzüglichen" Selbstnutzung des Familienheims ist auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen und insbesondere auch zu berücksichtigen, ob eine - ggf. langwierige - Erbauseinandersetzung erfolgt.

Anmerkung: Das Finanzgericht vertritt mit Blick auf den Gesetzeszweck, wonach mit der Steuerbefreiung das Familiengebrauchsvermögen besonders geschützt werden soll (BT-Drs. 16/11107, S. 9), eine weite Auslegung und Anwendung des Begriffs „Unverzüglichkeit“. Dem Erwerber müsse insbesondere bei einem Erwerb von Todes wegen ein ausreichender Zeitraum zugestanden werden, nach dem Tod des Erblassers eine Entscheidung über die Weiternutzung der geerbten Immobilie zu treffen. Zu berücksichtigen sei dabei – wie im Streitfall – auch, ob die Immobilie mehreren Erben zufällt und dem Erwerber erst nach einer (ggf. langwierigen) Erbauseinandersetzung für eine Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken zur Verfügung steht. Sodann sei dem Erwerber ein ausreichender Zeitraum zuzugestehen, in das Familienheim umzuziehen. Wohnt – wie im Streitfall – ein anderer Familienangehöriger bereits in dem Familienheim, sei in zeitlicher Hinsicht weiterhin zu berücksichtigen, dass auch dieser ggf. eine neue Bleibe finden und in diese umziehen muss.
Quelle: FG Niedersachsen online
Hinweis: Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Ein Aktenzeichen des BFH ist noch nicht veröffentlicht worden. Den Text der o.g. Entscheidung finden Sie auf den Internetseiten des Finanzgerichts. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.
 

Fundstelle(n):
EAAAF-10431