Einkommensteuer | Offensichtlich verkehrsgünstige Umwegstrecke (FG)
Eine längere Fahrstrecke ist nicht offensichtlich verkehrsgünstiger, wenn sie bei ständig wechselnden Verkehrsverhältnissen nur bei bestimmten Verkehrslagen Vorteile gegenüber der kürzesten nutzbaren Straßenverbindung bietet und eine Entscheidung, welche Strecke genutzt wird, vor jeder Fahrt neu anhand der aktuellen Verkehrslage getroffen werden müsste ().
Hintergrund: Nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG ist für die Bestimmung der Entfernung die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte maßgebend - eine andere als die kürzeste Straßenverbindung kann zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte benutzt wird.
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten u.a. über die Anerkennung der Fahrtkosten von der Wohnung zur Arbeitsstätte. Das Finanzamt hatte lediglich die kürzeste Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsplatz zur Berechnung der Fahrtkosten herangezogen. Dementsprechend wurde die Klägerin aufgefordert, alle Fakten darzulegen, die dazu geführt hätten, dass die gewählte Straßenverbindung im maßgeblichen VZ offensichtlich verkehrsgünstiger als die kürzeste Straßenverbindung war. Dem ist die Klägerin nach Auffassung des Finanzamts nicht ausreichend nachgekommen.
Hierzu führten die Richter weiter aus:
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist für die Bemessung der Entfernung von der kürzesten Straßenverbindung auszugehen. Den ihr obliegenden Nachweis, dass die von ihr angegebene längere Strecke offensichtlich verkehrsgünstiger war, hat die Klägerin nicht geführt.
Nach neuerer Rechtsprechung des BFH muss die Frage, ob eine Straßenverbindung „offensichtlich verkehrsgünstiger” als die kürzeste Strecke ist, nach den Umständen des Einzelfalls beantwortet werden (Urteil v. - NWB RAAAE-01832). Nicht in jedem Fall kann danach eine Zeitersparnis von mindestens 20 Minuten verlangt werden.
Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die von der Klägerin angegebene Streckenführung über die Autobahn zumindest nicht offensichtlich verkehrsgünstiger als die kürzeste - durch das Stadtgebiet führende - Straßenverbindung ist.
Eine konkrete Fahrzeitersparnis ist nicht feststellbar.
Dass die Klägerin die von den einschlägigen Routenplanern angegebenen Zeiten auf legalem Weg unterschreiten könnte, erscheint nicht glaubhaft.
Objektive und allgemeingültige Vorteile für die Route der Klägerin vermag der Senat nicht zu erkennen.
Selbst wenn ein Fahrer aus persönlichen Neigungen lieber über die Autobahn fährt, würde er sich vor Antritt der Fahrt anhand des Verkehrsfunks vergewissern, ob die Strecke - zu diesem Zeitpunkt - frei ist oder von vornherein mit Staus zu rechnen ist.
Ein derartiger Fahrer würde seine Entscheidung für jede Fahrt neu nach der jeweils aktuellen Lage treffen.
Allein dies schließt es aus, dass die Streckenführung über die Autobahn in jedem Fall derart offensichtlich günstiger wäre, dass sich die Frage nach einer anderen Fahrtroute nicht stellen würde.
Hinweis: Das Gericht hat die Revision zum BFH nicht zugelassen.
Quelle: NWB Datenbank
Fundstelle(n):
RAAAF-09813