Umsatzsteuer | Übertragung von 30% der Anteile an einer Gesellschaft (EuGH)
Die Veräußerung von 30% der Anteile an einer Gesellschaft stellt keine Geschäftsveräußerung im Ganzen dar. Dies gilt unabhängig davon, ob die anderen Anteilseigner die übrigen Anteile an dieser Gesellschaft praktisch gleichzeitig an dieselbe Person übertragen oder diese Übertragung in engem Zusammenhang mit den für diese Gesellschaft ausgeübten Managementtätigkeiten steht (; X B.V.)
Hintergrund: Bei dem niederländischen Verfahren ging es um die Frage, ob die Veräußerung eines 30%-Anteils an einer Kapitalgesellschaft, der gegenüber der Anteilseigner entgeltliche Managementleistungen erbracht hatte, eine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen sein kann. Die Klägerin hatte im Zusammenhang mit dem Verkauf der Anteile verschiedene Dienstleistungen bezogen und machte diesbezüglich den Vorsteuerabzug geltend.
EU-Recht: Die Mitgliedstaaten können nach Art. 5 Abs. 8 Satz 1 der Sechsten Richtlinie (RL 77/388/EWG) die Übertragung eines Gesamtvermögens oder eines Teilvermögens behandeln, als ob keine Lieferung von Gegenständen vorliegt, und den Begünstigten der Übertragung als Rechtsnachfolger des Übertragenden ansehen (Geschäftsveräußerung im Ganzen). Hat ein Mitgliedstaat von dieser Befugnis Gebrauch gemacht, gilt die Übertragung eines Gesamtvermögens oder eines Teilvermögens folglich nicht als eine Lieferung von Gegenständen und unterliegt damit nicht der Mehrwertsteuer.
Hierzu führte der EuGH weiter aus:
Art. 5 Abs. 8 und/oder Art. 6 Abs. 5 der RL 77/388/EWG sind dahin auszulegen, dass die Veräußerung von 30% der Anteile an einer Gesellschaft, für die der Veräußerer mehrwertsteuerpflichtige Dienstleistungen erbringt, keine Übertragung des Gesamtvermögens oder eines Teilvermögens bei der Lieferung von Gegenständen oder bei Dienstleistungen im Sinne dieser Bestimmungen darstellt.
Dies gilt unabhängig davon, ob die anderen Anteilseigner die übrigen Anteile an dieser Gesellschaft praktisch gleichzeitig an dieselbe Person übertragen oder diese Übertragung in engem Zusammenhang mit den für diese Gesellschaft ausgeübten Managementtätigkeiten steht.
Hinweis: Eine Geschäftsveräußerung im Ganzen stand dem Vorsteuerabzug im Streitfall daher nicht entgegen. Da die fragliche Anteilsveräußerung jedoch als ein von der Mehrwertsteuer befreiter Umsatz anzusehen ist (Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Richtlinie), wies der EuGH darauf hin, dass ein Recht auf Vorsteuerabzug nur bestehen kann, wenn die Kosten der im Zusammenhang mit der Veräußerung erbrachten Dienstleistungen Teil der allgemeinen Aufwendungen der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Steuerpflichtigen sind, ohne in den Kaufpreis dieser Anteile Eingang gefunden zu haben. Den Text der o.g. Entscheidung finden Sie auf den Internetseiten des EuGH. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.
Quelle: EuGH online
Anmerkung: Nach (NWB DokID: NWB RAAAD-99594), zur Anwendung des NWB HAAAD-62805 wird bei der Veräußerung eines bloßen Gesellschaftsanteils grds. kein hinreichendes Ganzes übertragen, das dem Erwerber allein die Fortsetzung einer bisher durch den Veräußerer ausgeübten unternehmerischen Tätigkeit ermöglicht. Auf die Höhe der Beteiligung soll es nach Ansicht des BMF grds. nicht ankommen. Erst wenn der Erwerber in Rechtsverhältnisse eintritt, durch die das Halten der Beteiligung beim Veräußerer als unternehmerisch veranlasst anzusehen war, werde ein hinreichendes Ganzes zur Fortführung eines Geschäftsbetriebs übertragen. Danach müsste, so das BMF, bei einem bestehenden Managementvertrag des Veräußerers mit der Kapitalgesellschaft, an der er Anteile hält, der Erwerber der Anteile diesen Vertrag übernehmen, damit der Anteilsverkauf eine Geschäftsveräußerung im Ganzen sein kann.
Fundstelle(n):
YAAAF-09747