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Online-Nachricht - Mittwoch, 15.05.2013

Amtshaftung | Entschädigungsanspruch nach polizeilicher Wohnungsdurchsuchung (BGH)

Wird eine Wohnung im Zuge einer rechtmäßigen polizeilichen Durchsuchung beschädigt, so hat der Vermieter grundsätzlich einen Entschädigungsanspruch aus enteignendem Eingriff ().

Hintergrund: Wird eine von Art. 14 GG (Eigentum) geschützte Position durch eine rechtmäßige hoheitliche Maßnahme beeinträchtigt und wird dem Betroffenen dadurch ein Sonderopfer abverlangt, so handelt es sich um einen (gesetzlich nicht geregelten) enteignenden Eingriff, der einen Entschädigungsanspruch gegen die öffentliche Hand auslöst. Klassisches Beispiel sind Straßenbauarbeiten, die zu Umsatzrückgängen bei den ansässigen Gewerbebetrieben führen.

Sachverhalt: Der Kläger ist Miteigentümer einer Eigentumswohnung, die er an den Bruder seiner Partnerin vermietete, der – wie ihm bekannt war – in der Vergangenheit in Drogendelikte verstrickt war. Im Rahmen einer richterlich angeordneten Durchsuchung der Wohnung wurde das von einem Einsatzkommando der Polizei zum Einsteigen benutzte Fenster beschädigt. Der Kläger verlangt Erstattung der zur Schadensbeseitigung erforderlichen Kosten in Höhe von 802 €. Das OLG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe kein Sonderopfer erbracht; vielmehr sei die mit Missbräuchen verbundene Gefahr von Beschädigungen durch den Mietzins abgedeckt.
Hierzu führte das Gericht u.a. aus:

  • Das Eigentum des Klägers wurde für die Zwecke der Strafverfolgung und damit im öffentlichen Interesse in Anspruch genommen.Dadurch wurde der Kläger einem staatlichen Eingriff ausgesetzt, der ihn anders als andere Eigentümer zu einer Aufopferung im öffentlichen Interesse zwang.

  • Ein Sonderopfer wäre nur dann zu verneinen, wenn sich der nachteilig Betroffene freiwillig in eine gefährliche Situation begeben hätte.Die Vermietung der Wohnung stellt ein solches Verhalten auch dann nicht dar, wenn der Mieter in dieser Straftaten begeht.

  • Anders wäre die Situation aber dann zu bewerten und ein Sonderopfer zu verneinen,  wenn der Vermieter dies wusste oder hätte wissen müssen und er gleichfalls den Mietvertrag abschloss oder von seinem Kündigungsrecht keinen Gebrauch machte. Dies ist vom Berufungsgericht noch festzustellen.

Anmerkung: Das Gericht weist darauf hin, dass ein möglicher privatrechtlicher Schadensersatzanspruch des Geschädigten gegen seinen Mieter den Anspruch auf Entschädigung hier nicht ausschließt. Die Subsidiaritätsklausel bei Amtspflichtverletzungen (§ 839 Abs. 1 Satz 2 BGB) gilt nicht bei anderen Erstattungsansprüchen gegen den Staat.
Quelle: NWB Datenbank
Autor: Ingo Ehlers, Rechtsanwalt, Freiburg
 

Fundstelle(n):
JAAAF-09671