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Online-Nachricht - Mittwoch, 15.05.2013

Bilanzierung | Rückstellungen für Kostenüberdeckungen eines Zweckverbandes (BFH)

Ist eine sog. Kostenüberdeckung nach Maßgabe öffentlich-rechtlicher Vorschriften in der folgenden Kalkulationsperiode auszugleichen (Rückgabe der Kostenüberdeckung durch entsprechende Preiskalkulation der Folgeperiode), liegt eine rückstellungsfähige ungewisse Verbindlichkeit vor (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist entweder – erstens – das Bestehen einer dem Betrage nach ungewissen, dem Grunde nach aber bestehenden Verbindlichkeit oder – zweitens – die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer – ggf. zugleich auch ihrer Höhe nach noch ungewissen – Verbindlichkeit.
Sachverhalt: Streitig war, ob für sog. Kostenüberdeckungen, die im Rahmen der öffentlichen Wasserversorgung innerhalb einer Preiskalkulationsperiode (Streitjahre: 2003 bis 2006) beim Wasserversorger entstanden und in der nächsten Kalkulationsperiode preismindernd zu berücksichtigen sind, Rückstellungen gebildet werden dürfen. § 10 Abs. 2 des Sächsischen Kommunalabgabengesetzes (SächsKAG) sieht vor, dass die Kosten bei der Gebührenbemessung in einem mehrjährigen Zeitraum berücksichtigt werden können, der jedoch höchstens fünf Jahre umfassen soll (Satz 1). Kostenüberdeckungen, die sich am Ende des Bemessungszeitraums ergeben, sind innerhalb der folgenden fünf Jahre auszugleichen (Satz 2 Halbsatz 1).
Hierzu führte der BFH weiter aus:

  • Die Bildung einer Rückstellung für eine aufgrund öffentlich-rechtlicher Bestimmungen begründete Verpflichtung setzt voraus, dass die öffentlich-rechtliche Verpflichtung hinreichend konkretisiert ist.

  • Diese Voraussetzung wird im Regelfall bei Erlass einer behördlichen Verfügung oder bei Abschluss einer entsprechenden verwaltungsrechtlichen Vereinbarung vorliegen. Einer solchen Umsetzung bedarf es allerdings nicht, wenn ein entsprechend konkreter Gesetzesbefehl vorliegt. Letzteres ist hier gemäß nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SächsKAG der Fall.

  • Für die Rückstellungsfähigkeit kann es keinen Unterschied machen, ob die spätere Erfüllung einer bestehenden Verbindlichkeit zu einer Erhöhung des Aufwands oder zu einer Verminderung der Einnahmen führt.

  • Dem einkommensmindernden Ansatz der Kostenüberdeckung steht auch § 5 Abs. 2a EStG 2002 nicht entgegen. Zwar sind nach dieser Regelung für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erst anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind.

  • Der Normzweck dieser Regelung ist im Streitfall aber nicht erfüllt, da der Kläger infolge der Kostenüberdeckung einer aktuellen wirtschaftlichen Belastung seines Vermögens ausgesetzt ist.

  • Die (für den Kläger) unausweichliche Pflicht zur Gebührenermäßigung in der folgenden Kalkulationsperiode ist ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach eine bloße Modalität der Erfüllung der unbedingt und uneingeschränkt bestehenden Schuld.

  • Auch ein gedachter Erwerber hätte bei einer Kaufpreisbemessung diese Verpflichtung berücksichtigt.

Anmerkung: Das Passivierungsverbot des § 5 Abs. 2a EStG 2002 setzt voraus, dass sich der Anspruch des Gläubigers nur auf künftiges Vermögen (nicht: auf am Bilanzstichtag vorhandenes Vermögen) des Schuldners bezieht. An einer aktuellen wirtschaftlichen Belastung des Vermögens des Schuldners bestehen bei einer Rückgabe der Kostenüberdeckung durch entsprechende Preiskalkulation der Folgeperiode keine begründeten Zweifel, wenn der Betrieb, der die zukünftigen Einnahmen und Gewinne erwirtschaftet, mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit für die Dauer der Ausgleichsperiode aufrechterhalten und damit die Erfüllung der Ausgleichsverpflichtung realisiert wird, so der BFH in seinem zweiten Leitsatz zur o.g. Entscheidung.
Quelle: NWB Datenbank
 


 

Fundstelle(n):
EAAAF-09664