BVerwG Beschluss v. - 1 WB 16/15

Freigestelltes Personalratsmitglied; fiktive Versetzung auf höherwertigen Dienstposten

Gesetze: § 6 Abs 1 WBO, § 19 Abs 1 WBO, § 82 Abs 1 SG

Tatbestand

1Der Rechtsstreit betrifft die fiktive Versetzung eines inzwischen in den Ruhestand getretenen Soldaten, der zuvor langjährig als Personalratsmitglied vom Dienst freigestellt war, auf einen höherwertigen Dienstposten. Ferner strebt der Antragsteller seine Schadlosstellung bezüglich der nicht erfolgten Einweisung in die Besoldungsgruppe A 12 an.

2Der ... geborene Antragsteller war Berufssoldat in der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes. Er wurde am 26. März ... zum Kapitänleutnant ernannt und mit Wirkung zum 1. Januar ... in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 11 eingewiesen. Er war Angehöriger der Ausbildungs- und Verwendungsreihe ... . Mit Ablauf ... 2015 trat er nach Erreichen der dienstgradbezogenen Altersgrenze in den Ruhestand. Seit ... 2006 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand war der Antragsteller als Mitglied (Vorsitzender) des Örtlichen Personalrats ..., vollständig vom Dienst freigestellt.

3Die letzte dienstliche Beurteilung des Antragstellers wurde zum als planmäßige Beurteilung erstellt.

4Unter dem ... 2006 billigte der Amtschef des Personalamts der Bundeswehr (im Folgenden: Personalamt) eine für den Antragsteller nach der "Richtlinie für die Förderung vom Dienst freigestellter Soldatinnen und Soldaten" vom gebildete "Vergleichsgruppe" (entspricht der "Referenzgruppe" im Sinne der "Erläuterungen zur Erlasslage" vom ). Das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - hat hierzu eine Vorlage des Personalamts - Abt. III 1 (101) - vom für den Amtschef vorgelegt, die zwei tabellarische Personal-Übersichten enthält. Die Vergleichsgruppe umfasst neun Kapitänleutnante, unter denen der Antragsteller den Rangplatz 7 einnimmt.

5Mit Schreiben vom bat der Antragsteller das Personalamt um Übersendung einer Kopie der für ihn gebildeten Vergleichsgruppe. Diese wurde ihm unter dem übermittelt. Mit Schreiben vom bat der Antragsteller um weitere Informationen und machte im Wesentlichen geltend, dass er aus der Übersicht nicht entnehmen könne, auf welchen konkreten Dienstposten die einzelnen in der Liste aufgeführten Personen eingesetzt gewesen seien; auch sei der Zeitpunkt des Eintritts in die aufgeführte Dienstgradgruppe nicht erkennbar. Mit Schreiben vom teilte das Personalamt dem Antragsteller mit, dass die ihm bereits zur Verfügung gestellten Informationen erschöpfend seien. Bis jetzt sei kein Offizier aus der mitgeteilten Referenzgruppe ge- oder befördert worden.

6Mit Schreiben vom beantragte der Antragsteller seine Einweisung in die Besoldungsgruppe A 12. Diesen Antrag lehnte das Personalamt mit Bescheid vom ab. Mit seiner dagegen eingelegten Beschwerde vom trug der Antragsteller vor, dass die Referenzgruppe vom nicht den Anforderungen entspreche, welche die Rechtsprechung an Referenzgruppen stelle. Er habe den Verdacht, übergangen worden zu sein. Mit Schreiben vom erhob der Antragsteller Untätigkeitsbeschwerde.

7Das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr (im Folgenden: Bundesamt für das Personalmanagement) teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom mit, dass die mit seinen Rechtsbehelfen angestrebte Einweisung in die Besoldungsgruppe A 12 voraussetze, dass er zuvor fiktiv auf einen höherwertigen Dienstposten versetzt worden sei. Seine Beschwerde sei deshalb auf ein rechtlich unmögliches Ziel gerichtet. Daraufhin erklärte der Antragsteller unter dem , dass sein Antrag vom auf seine Laufbahnnachzeichnung gerichtet sei, also nicht nur auf seine Einweisung in die Besoldungsgruppe A 12, sondern selbstverständlich auch auf die (fiktive) Versetzung auf einen Dienstposten, der nach Besoldungsgruppe A 12 bewertet sei. Darüber hinaus erstrecke sich der Antrag vom auf seine besoldungs-, dienst- und versorgungsrechtliche Schadlosstellung, wenn sich ergeben sollte, dass seine bisherige Laufbahnnachzeichnung nicht rechtmäßig erfolgt sei. Der Bevollmächtigte des Antragstellers bekräftigte mit Schreiben vom , dass die Rechtsbehelfe des Antragstellers auch dessen fiktive Versetzung auf einen nach Besoldungsgruppe A 12 bewerteten Dienstposten beträfen; der Antragsteller strebe an, anschließend unverzüglich in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 12 eingewiesen zu werden.

8Unter dem setzte das Bundesamt für das Personalmanagement das Verfahren aus, soweit es die Einweisung des Antragstellers in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 12 betrifft.

9Mit Bescheid vom lehnte das Bundesamt für das Personalmanagement den Antrag des Antragstellers auf fiktive Versetzung auf einen nach Besoldungsgruppe A 12 bewerteten Dienstposten ab. Zur Begründung führte es aus, dass für den Zeitraum der Freistellung sowie darüber hinaus bis zu dem Zeitpunkt, an dem eine aktuelle Beurteilung bestandskräftig werde, die Betrachtung des Antragstellers für eine Einweisung/Beförderung ausschließlich anhand der für ihn angelegten Referenzgruppe erfolge. Da sich der Antragsteller bisher entsprechend der "Richtlinie für die Förderung vom Dienst freigestellter Soldatinnen und Soldaten" vom nicht für eine Einweisung in die Besoldungsgruppe A 12 durchgesetzt habe, könne diese (offenbar gemeint: fiktive Versetzung) nicht erfolgen.

10Gegen diesen ihm nach eigener Darstellung am eröffneten Bescheid legte der Antragsteller mit Telefax-Schreiben seines Bevollmächtigten vom Beschwerde ein. Zur Begründung führte er aus, dass die für ihn gebildete Referenzgruppe offensichtlich fehlerhaft sei. Die Referenzgruppe setze sich aus Soldaten mit höchst unterschiedlichen Werdegängen zusammen, sodass schon deshalb eine Vergleichbarkeit im Sinne der maßgeblichen Erlasslage nicht vorliege. Außerdem unterschreite die Referenzgruppe mit lediglich neun Personen die nach der Erlasslage erforderliche Mindestzahl von zehn Personen. Schließlich sei den übersandten Unterlagen nicht zu entnehmen, ob die übrigen Personen, die in der Referenzgruppe mitgelistet seien, tatsächlich auch nicht freigestellte Soldatinnen und Soldaten gewesen seien. Nicht zuletzt sei aus den Unterlagen nicht erkennbar, ob die in der Referenzgruppe zusammengefassten Soldaten ein wesentlich gleiches Eignungs- und Leistungsbild aufgewiesen hätten.

11Die Beschwerde des Antragstellers wies das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - mit Bescheid vom als verfristet zurück. Der angefochtene Bescheid vom sei dem Antragsteller nach dessen Darstellung am zugegangen. Mithin sei die Monatsfrist für die Einlegung der Beschwerde am abgelaufen. Die Beschwerde habe der Bevollmächtigte des Antragstellers per Telefax am beim Bundesamt für das Personalmanagement - III 3.3 - eingelegt; nach Weiterleitung von dort über das Referat III Z 4 Justiziariat (Eingang am ) sei die Beschwerde erst am beim Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - eingegangen. Die Weiterleitung der Beschwerde an die zuständige Stelle sei umgehend erfolgt. Das Telefax-Schreiben sei am um 17:24 Uhr beim Bundesamt für das Personalmanagement - III 3.3 - und damit außerhalb der üblichen Bürozeiten eingegangen. Die Übermittlung an das Justiziariat als das zuständige Rechtsreferat habe daher erst am veranlasst werden können. Der Eingang dort einen Tag später und damit bereits nach Ablauf der Beschwerdefrist sei bei Berücksichtigung der allgemeinen Bearbeitungs- und Postlaufzeiten nicht zu beanstanden. Umstände für eine Anwendung des § 7 WBO seien nicht ersichtlich. Der Ausgangsbescheid habe als truppendienstliche Erstmaßnahme keiner Rechtsbehelfsbelehrung bedurft. Die Beschwerde, die der Antragsteller unter dem gegen den Bescheid des Personalamts der Bundeswehr vom eingelegt habe, könne für die fristgerechte Einlegung des Rechtsbehelfs gegen den Bescheid vom nicht nutzbar gemacht werden. Denn der Bescheid vom habe die streitbefangene fiktive Versetzung auf einen höherwertigen Dienstposten nicht zum Gegenstand gehabt.

12Gegen diese ihm am zugestellte Entscheidung hat der Antragsteller am die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Den Antrag hat das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - mit seiner Stellungnahme vom dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

13Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens hat der Antragsteller sein Beschwerdevorbringen wiederholt und vertieft. Er hat zunächst lediglich die fiktive Versetzung auf einen nach Besoldungsgruppe A 12 bewerteten Dienstposten (mit anschließender Einweisung in die Besoldungsgruppe A 12) zum Gegenstand seines Antrags auf gerichtliche Entscheidung gemacht. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom hat er seine Schadlosstellung wegen der rechtswidrig abgelehnten Einweisung in die Besoldungsgruppe A 12 beantragt und dazu vorgetragen, dass ihm infolge dieser Ablehnung ein finanzieller Schaden entstanden sei. Letztlich gehe es ihm um die Nichtbeförderung bzw. um die Nichtverleihung eines höheren Amtes in Gestalt der Einweisung in die höhere Besoldungsgruppe. Da er inzwischen in den Ruhestand getreten sei, könne er nicht mehr die Einweisung in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 12, sondern nur noch die Schadlosstellung verlangen. Sein ursprüngliches Versetzungsbegehren wolle er in der Form des Fortsetzungsfeststellungantrags weiterverfolgen.

14Der Antragsteller beantragt zuletzt mit Schriftsätzen vom und vom ,

festzustellen, dass die Ablehnung seines Antrags vom auf fiktive Versetzung auf einen nach Besoldungsgruppe A 12 bewerteten Dienstposten rechtswidrig war,

und ihn wegen der rechtswidrig abgelehnten Einweisung in die Besoldungsgruppe A 12 schadlos zu stellen.

15Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

16Es verteidigt den Inhalt des Beschwerdebescheids und weist ergänzend darauf hin, dass die Rüge des Antragstellers gegen die Zusammensetzung der für ihn gebildeten Referenzgruppe in der Sache unbegründet sei. Das Vorbringen des Antragstellers zu seinem statusrechtlichen Begehren könne für die Frage der Verfristung der Beschwerde vom nicht fruchtbar gemacht werden. Gegenstand dieser truppendienstlichen Beschwerde sei der Bescheid des Bundesamtes für das Personalmanagement vom , der ausschließlich den truppendienstlichen Antrag auf fiktive Versetzung auf einen höherwertigen Dienstposten betreffe und einer Rechtsbehelfsbelehrung für die Einlegung der Beschwerde nicht bedurft habe.

17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung - R II 2 - 264/15 - und die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A - D, haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

Gründe

18Das Ende des Wehrdienstverhältnisses des Antragstellers steht der Fortsetzung des Verfahrens nicht entgegen (§ 15 WBO).

191. Der vom Antragsteller mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom gestellte Antrag, ihn wegen der rechtswidrig abgelehnten Einweisung in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A12 schadlos zu stellen, lässt nicht hinreichend erkennen, in welcher rechtlichen Hinsicht er diese Schadlosstellung anstrebt. In seinem Schreiben vom hatte er mitgeteilt, dass sich sein - verfahrensauslösender - Antrag vom auch auf seine besoldungs-, dienst- und versorgungsrechtliche Schadlosstellung beziehe. Das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr (im Folgenden: Bundesamt für das Personalmanagement) hat anschließend mit Bescheid vom das statusrechtliche Verfahren betreffend die Einweisung des Antragstellers in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 12 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die strittige fiktive Versetzung des Antragstellers ausgesetzt. Im Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom hat der Antragsteller dann (nach seinem Eintritt in den Ruhestand) das Begehren auf Schadlosstellung mit dem finanziellen Schaden begründet, der ihm durch die rechtswidrige Ablehnung seiner Einweisung in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 12 entstanden sei; letztlich habe er sich gegen die Nichtverleihung eines höheren Amtes in Gestalt der Einweisung in eine höhere Besoldungsgruppe gewandt; da er die angestrebte Einweisung in die Planstelle einer höheren Besoldungsgruppe nicht mehr verlangen könne, begehre er nunmehr nur noch Schadlosstellung.

20Diese Argumentation ist sach- und interessengerecht so auszulegen, dass der Antragsteller seine besoldungs- und versorgungsrechtliche Schadlosstellung verlangt.

21Soweit der Rechtsstreit die besoldungs- und versorgungsrechtliche Schadlosstellung des Antragstellers bezüglich der nicht erfolgten Einweisung in die Besoldungsgruppe A 12 betrifft, ist der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten unzulässig.

22Gemäß § 82 Abs. 1 SG ist der Rechtsweg für Klagen der Soldaten aus dem Wehrdienstverhältnis zu den allgemeinen Verwaltungsgerichten eröffnet, soweit nicht gesetzlich ein anderer Rechtsweg vorgeschrieben ist. Das ist in § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO für die Fälle vorgesehen, in denen Gegenstand der Beschwerde des Soldaten eine Verletzung seiner Rechte oder eine Verletzung von Pflichten eines Vorgesetzten ihm gegenüber ist, die im Zweiten Unterabschnitt des Ersten Abschnitts des Soldatengesetzes mit Ausnahme der §§ 24, 25, 30 und 31 geregelt sind. Streitigkeiten um die Geld- und Sachbezüge sowie um die Versorgung eines Soldaten und in diesem Zusammenhang auch um eine besoldungs- und versorgungsrechtliche Schadlosstellung gehören zu der Rechtsmaterie, die in § 30 SG geregelt ist (ebenso stRspr, vgl. z.B. 1 WB 25.13 - juris Rn. 14). Die Bestimmung des § 30 SG ist von der Rechtswegzuweisung an die Wehrdienstgerichte in § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO ausgenommen, sodass es insoweit bei der Zuständigkeit der allgemeinen Verwaltungsgerichte gemäß § 82 Abs. 1 SG verbleibt.

23Ist danach für den auf § 30 SG bezogenen Sachantrag des Antragstellers auf Schadlosstellung vom der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten nicht eröffnet, war das Verfahren insoweit nach Anhörung der Beteiligten (§ 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG) gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 18 Abs. 3 Satz 1 WBO an das zuständige Verwaltungsgericht zu verweisen.

24Nach § 45 und § 52 Nr. 4 Satz 1 VwGO i.V.m. § 1 Abs. 1 des Schleswig-Holsteinischen Ausführungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung vom (zuletzt geändert durch Art. 65 LVO vom , GVOBl. 2013 S. 143) ist sachlich und örtlich zuständig das ... Verwaltungsgericht ..., weil der Antragsteller in dessen Bezirk seinen Wohnsitz hat.

252. Im Übrigen hat der Antrag auf gerichtliche Entscheidung keinen Erfolg und ist zurückzuweisen.

26a) Der Antrag ist insoweit zwar zulässig.

27aa) Das ursprünglich vom Antragsteller verfolgte Rechtsschutzbegehren, das Bundesministerium der Verteidigung unter Aufhebung der ablehnenden Bescheide vom und vom zu verpflichten, ihn fiktiv auf einen nach Besoldungsgruppe A 12 bewerteten Dienstposten zu versetzen, betrifft eine truppendienstliche Verwendungsangelegenheit, für die der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten - hier gemäß § 21 Abs. 1 WBO zum Bundesverwaltungsgericht - eröffnet ist (stRspr, grundlegend: 1 WB 160.90 - BVerwGE 93, 188).

28bb) Dieser Verpflichtungsantrag hat sich mit dem Eintritt des Antragstellers in den Ruhestand mit Ablauf des erledigt.

29Ist ein Wehrdienstverhältnis beendet, so ist eine Versetzung auf einen Dienstposten nicht mehr möglich. Dies gilt ohne Weiteres für die Versetzung von Soldaten, die keine freigestellten Personalratsmitglieder sind, weil ein Dienstantritt und die Wahrnehmung der Aufgaben des Dienstpostens nach dem Dienstzeitende nicht mehr in Betracht kommen. Gleiches muss für freigestellte Personalratsmitglieder gelten (vgl. - auch zum Folgenden -: 1 WB 6.13 - Buchholz 449.7 § 51 SBG Nr. 1 Rn. 19). Das Verbot einer Beeinträchtigung des beruflichen Werdegangs durch die Freistellung (§ 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG) zielt - positiv gewendet - darauf, dem Personalratsmitglied diejenige berufliche Entwicklung zu ermöglichen, die es ohne die Freistellung durchlaufen hätte (vgl. auch BVerwG 1 WB 65.06 - Rn. 16 f.; ferner Ilbertz/Widmaier/Sommer, BPersVG, 13. Aufl. 2014, § 46 Rn. 25), nicht aber darauf, Personalmaßnahmen zu eröffnen, die ohne die Freistellung nicht möglich gewesen wären. Eine (rückwirkende) fiktive Versetzung unter Freistellung vom Dienst auf einen Dienstposten z.b.V. (bzw. ein dienstpostenähnliches Konstrukt) kommt nach Dienstzeitende deshalb auch für freigestellte Personalratsmitglieder nicht in Betracht.

30cc) Nach der Erledigung des Verpflichtungsantrags ist ein Fortsetzungsfeststellungsantrag statthaft und im Fall des Antragstellers auch zulässig.

31Hat sich eine truppendienstliche Maßnahme, die - wie hier - keinen Befehl im Sinne von § 2 Nr. 2 WStG darstellt, oder die Ablehnung einer solchen Maßnahme vor der gerichtlichen Entscheidung erledigt, so entscheidet das Wehrdienstgericht gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 WBO (hier i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO), ob die Maßnahme rechtswidrig gewesen ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. § 19 Abs. 1 Satz 3 WBO in der seit dem geltenden Fassung verlangt - abweichend von der vergleichbaren Vorschrift in § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO - nicht die Stellung eines förmlichen Feststellungsantrags. Bei Erledigung eines Anfechtungs- oder Verpflichtungsantrags hat das Wehrdienstgericht von Amts wegen zu prüfen, ob Umstände vorliegen, die im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein vom Antragsteller darzulegendes berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung begründen ( 1 WB 53.13 - juris Rn. 23). Das erforderliche Feststellungsinteresse kann sich nach der Rechtsprechung des Senats aus einem Rehabilitierungsinteresse, aus einer Wiederholungsgefahr oder aus der Absicht ergeben, einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen, sofern dieser nicht von vornherein als aussichtslos erscheint; ein Feststellungsinteresse kommt auch in Betracht, wenn die erledigte Maßnahme eine fortdauernde faktische Grundrechtsbeeinträchtigung nach sich zieht (vgl. z.B. BVerwG 1 WB 13.11 - Rn. 19).

32Der Antragsteller hat erklärt, dass er die Fortsetzung seines ursprünglichen Verpflichtungsbegehrens als Fortsetzungsfeststellungsantrag wünscht. Bei sach- und interessengerechter Auslegung ist sein Verpflichtungsbegehren daher dahingehend umzustellen, dass er beantragt festzustellen, dass die Ablehnung seines Antrags auf fiktive Versetzung auf einen höherwertigen Dienstposten vom rechtswidrig gewesen ist.

33Der Antragsteller hat ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung unter dem Gesichtspunkt der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs. Er hat bereits mit Schreiben vom eine Schadlosstellung in besoldungs-, dienst- und versorgungsrechtlicher Hinsicht für den Fall beantragt, dass seine bisherige Laufbahnnachzeichnung nicht rechtmäßig erfolgt sein sollte. Diesem ergänzenden Antrag war am der Antrag auf Einweisung in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 12 vorangegangen. Dieses statusrechtliche Rechtsschutzbegehren ist allerdings mit Rücksicht auf das vorliegende Wehrbeschwerdeverfahren ausgesetzt worden. Ein Schadensersatzbegehren des Antragstellers erscheint jedenfalls nicht als von vornherein aussichtslos. Auch ist die Erledigung des ursprünglichen Verpflichtungsbegehrens erst nach der Rechtshängigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung (Eingang bei Gericht am ) eingetreten (vgl. zu dieser Einschränkung z.B. 1 WB 54.13 - juris Rn. 19).

34b) Der danach zulässige Fortsetzungsfeststellungsantrag des Antragstellers ist indessen unbegründet.

35Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für das Personalmanagement vom ist bestandskräftig geworden, weil der Antragsteller gegen ihn nicht rechtzeitig Beschwerde eingelegt hat. Das hat das Bundesministerium der Verteidigung ohne Rechtsfehler im Beschwerdebescheid vom festgestellt. Daher ist der Senat an einer inhaltlichen Überprüfung der Entscheidung vom gehindert.

36Der Ablehnungsbescheid vom ist dem Antragsteller nach dessen eigener Darstellung am eröffnet worden. Die einmonatige Beschwerdefrist nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 WBO endete daher mit Ablauf des . Das Fristende wurde nicht dadurch hinausgeschoben, dass eine vorgeschriebene Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder unrichtig erteilt worden wäre (§ 7 Abs. 2 WBO). Denn als truppendienstliche Erstmaßnahme bedurfte die Verfügung des Bundesamtes für das Personalmanagement keiner Rechtsbehelfsbelehrung (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 26.10 - Rn. 30 m.w.N. und vom - 1 WB 40.13 - juris Rn. 21).

37Bis zum ist eine Beschwerde des Antragstellers weder bei dessen nächstem Disziplinarvorgesetzten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 WBO) noch beim Bundesministerium der Verteidigung als der für die Entscheidung über die Beschwerde zuständigen Stelle (§ 5 Abs. 1 Satz 2, § 9 Abs. 1 WBO) eingegangen. Die Vorschrift des § 23 Abs. 2 Satz 1 WBO, wonach die Beschwerde auch bei der Stelle eingelegt werden kann, deren Entscheidung angefochten wird, ist hier nicht anwendbar, weil sie nicht für truppendienstliche Beschwerden gilt, sondern für Rechtsbehelfe in Verwaltungsangelegenheiten.

38Der Antragsteller hat durch seinen Bevollmächtigten die Beschwerde vom an das Bundesamt für das Personalmanagement und damit an eine für die Einlegung der Beschwerde unzuständige Stelle gerichtet. Nach eigenem Vorbringen hat er - entsprechend dem Sendevermerk auf der Beschwerde - die Übermittlung per Telefax am um 17.24 Uhr durchgeführt. Dieser Zeitpunkt lag nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen des Bundesministeriums der Verteidigung außerhalb der üblichen Bürostunden des Bundesamtes für das Personalmanagement. Die Empfängerstelle im Bundesamt für das Personalmanagement, das Referat III 3.3, hat die Beschwerde dann an das Rechtsreferat im Hause weitergegeben, wo sie am Folgetag (Freitag, ) einging; von dort wurde die Weiterleitung der Beschwerde an das Bundesministerium der Verteidigung veranlasst. Dort ist die Beschwerde am und damit nach Ablauf der Beschwerdefrist eingegangen.

39Grundsätzlich liegt es in dem Verantwortungs- und Risikobereich eines Rechtsbehelfsführers, dafür zu sorgen, dass der von ihm gewählte Rechtsbehelf innerhalb der Rechtsbehelfsfrist bei der zuständigen Stelle eingeht. Nach der Rechtsprechung des Senats kommt eine entsprechende Anwendung des § 7 Abs. 1 WBO nur dann in Betracht, wenn der Rechtsbehelf gerade infolge eines pflichtwidrigen Verhaltens der zunächst angegangenen unzuständigen Behörde erst nach Fristablauf bei der zuständigen Stelle eingegangen ist. Eine Behörde ist allerdings grundsätzlich nicht verpflichtet, jedes Schriftstück nach seinem Eingang sofort darauf zu prüfen, ob die eigene Zuständigkeit gegeben ist oder ob das Schriftstück an eine zuständige andere Stelle weiterzuleiten ist. Sie hat den eingegangenen Vorgang vielmehr (nur) im regulären Geschäftsablauf - unter Umständen mit Hinweis auf die Eilbedürftigkeit - an die zuständige Behörde abzugeben (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 8.08 - Buchholz 450.1 § 5 WBO Nr. 1 Rn. 26 m.w.N. und vom - 1 WB 40.13 - juris Rn. 24).

40Nach diesen Maßstäben hat das Bundesamt für das Personalmanagement eine Pflicht zur Weiterleitung nicht verletzt.

41Der Antragsteller konnte unter den gegebenen Umständen nicht berechtigterweise erwarten, dass seine bei der unzuständigen Stelle eingelegte Beschwerde noch innerhalb eines einzigen Werktages am das für die Entscheidung über die Beschwerde zuständige Bundesministerium der Verteidigung erreichte. Insbesondere musste sich dem Empfänger der Beschwerde deren Eilbedürftigkeit wegen drohenden Fristablaufs nicht aufdrängen. Die Übermittlung eines Rechtsbehelfs per Telefax ist für sich genommen angesichts der Gebräuchlichkeit dieser Übermittlungsform kein Anzeichen für eine besondere Eilbedürftigkeit. Der Beschwerdeschriftsatz vom trägt auch keine deutlich sichtbaren Zusätze wie "Fristsache - Eilt - Sofort vorlegen" oder Ähnliches. Auch war das bevorstehende Fristende nicht durch einen eindeutigen Hinweis wie etwa "Frist: " gekennzeichnet. Ob eine unzuständige Behörde ansonsten überhaupt Fristberechnungen zugunsten eines Beschwerdeführers anstellen muss, kann dahinstehen. Das die Beschwerde in Empfang nehmende Referat III 3.3 war jedenfalls nicht gehalten, in solche Überlegungen auf der Grundlage des vom Antragsteller formulierten Beschwerdetextes einzutreten. Es war auch nicht verpflichtet, den Bevollmächtigten des Antragstellers unverzüglich über die Fehlleitung des Rechtsbehelfs zu informieren. Die unzuständige Stelle trifft lediglich eine Pflicht zur Weiterleitung des Rechtsbehelfs an die zuständige Stelle, nicht aber eine Pflicht zur Rechtsberatung über Rechtsbehelfsfristen gegenüber einem Rechtsbehelfsführer (stRspr, 1 WB 40.13 - juris Rn. 26).

42Es kommt hinzu, dass der Antragsteller in der Beschwerde zwar auf den Antrag auf fiktive Versetzung Bezug genommen, in der Begründung aber zu dem statusrechtlichen Thema der Einweisung in eine Planstelle der höheren Besoldungsgruppe argumentiert hat. Daraus folgt die dem Antragsteller zurechenbar verursachte Gefahr, dass zunächst unklar blieb, ob der eingelegte Rechtsbehelf eine statusrechtliche Maßnahme betraf, für deren Anfechtung das Bundesamt für das Personalmanagement die zuständige Empfangsstelle war, oder aber eine truppendienstliche Maßnahme, hinsichtlich deren das Bundesamt für das Personalmanagement keine zuständige Empfangsstelle für Rechtsbehelfe ist.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2015:270815B1WB16.15.0

Fundstelle(n):
WAAAF-08793