BBK Nr. 22 vom Seite 1017

„Die Unternehmer brauchen endlich Rechtssicherheit bei der Kassenführung!“

Dirk Beyer | RA, FAStR, Köln

[i]Generalverdacht der Finanzverwaltung gegen Bargeld-Branchen Das Thema Kassenführung ist seit Jahrzehnten ein Risikofaktor in Betriebsprüfungen. Steuerhinterziehung ist nicht akzeptabel. Das ist unstreitig. Berater kennen in der Praxis jedoch teilweise exorbitante Hinzuschätzungen, die dem Unternehmer nicht erklärbar sind. Die Mehrheit der steuerehrlichen Unternehmen sieht sich einem Generalverdacht ausgesetzt, weil Betriebsprüfer zu Recht aufgrund einzelner schwarzer Schafe ermitteln. Das Klima in Betriebsprüfungen verschärft sich hierdurch in letzter Zeit besonders in Bargeldbranchen. Gleichzeitig ist es den Unternehmen faktisch aber nicht möglich, die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung nachzuweisen. Und umgekehrt kennen Praktiker die Aussage aus manchen Betriebsprüfungen, dass „jede Kassenführung zerlegt werden kann“. Das BMF hat es auch mit seinen beiden Kassenrichtlinien 1996 und 2010 nicht vermocht, für alle Beteiligten eine zumutbare und rechtssichere Lösung zu finden. Dies liegt schlicht daran, dass die Abgabenordnung als Gesetz eine Lücke enthält, die weder durch Rechtsprechung noch Richtlinien hinreichend gefüllt werden kann. Der Gesetzgeber ist gefordert. Das „Ob“ steht damit fest. Die Frage ist das „Wie“.

Und es gibt eine Medizin: [i]www.insika.deSeit 2010 steht das sog. INSIKA-Konzept bereit, um die Pflichten zur Aufzeichnung und Aufbewahrung von Kassendaten gemäß §§ 146, 147 AO zu erfüllen. In Praxistests wurde dieses Verfahren erprobt, doch leider politisch ausgebremst. Arno Becker stellt dieses Verfahren in seinem Beitrag ab Seite 1049 dar und setzt sich mit den (meist nur politischen) Gegenargumenten der letzten Jahre detailliert auseinander.

Ein Hoffnungsschimmer zeigt sich [i]Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Grünen zur Kassensicherheit, BT-Drucks. 18/6481, http://go.nwb.de/kedql am Horizont: Am wollen die Landesfinanzminister mit dem Bundesfinanzminister eine Lösung für die Einführung eines sog. „technologieoffenen“ Manipulationsschutzes finden. Seit mehr als einem Jahr haben einflussreiche landespolitische Akteure das Thema wieder aufgegriffen und auf gesetzliche Kassen-Regelungen in Frankreich, Österreich und Belgien verwiesen. NRW und die EU betonen den Steuerausfall in Milliardenhöhe und erzeugen politischen Handlungsdruck. Die Bundesregierung zeigt sich gegenüber der NRW-Schätzung nach wie vor reserviert; das verdeutlicht die Antwort der Bundesregierung vom auf eine parlamentarische Anfrage hin (BT-Drucks. 18/6481 S. 3). Vielmehr wird nun seitens der Bundespolitik versucht, europarechtliche Hindernisse ins Feld zu führen, welche jedoch eher als Nebelkerze zu werten sind. Arno Becker widerlegt dies überzeugend. Wenn andere europäische Staaten Sicherheitsstandards einführen, wieso nicht endlich auch Deutschland? Das Konzept dazu liegt vor. Deutschland sollte sich endlich an die Umsetzung machen.

Beste Grüße

Dirk Beyer

Fundstelle(n):
BBK 2015 Seite 1017
NWB HAAAF-07910