BGH Beschluss v. - 2 StR 103/15

Strafverfahren: Widerruf einer Ermächtigung zur Zurücknahme eines Rechtsmittels

Gesetze: § 302 Abs 1 S 1 StPO, § 302 Abs 2 StPO

Instanzenzug: Az: 111 Ks 11/13

Gründe

11. Das Landgericht hat den Angeklagten mit Urteil vom wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil legte der Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt K.  , mit Schriftsatz vom Revision ein, die er mit Schreiben vom zurücknahm. Mit Schreiben vom versicherte er unter Hinweis auf einen anliegenden schriftlichen und durch den Angeklagten am unterzeichneten Auftrag zur Rücknahme der Revision anwaltlich, vom Angeklagten hierzu beauftragt worden zu sein. Mit Beschluss vom legte das Landgericht Köln dem Angeklagten die Kosten der von ihm eingelegten Revision sowie die notwendigen Auslagen des Nebenklägers auf.

2Mit Schreiben vom hat der Angeklagte dem Landgericht mitgeteilt, die Rücknahme der Revision sei nicht gewollt gewesen und beruhe auf einer Eigenmächtigkeit von Rechtsanwalt K.  . Herr K.   sei in einem Schreiben ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass eine Entscheidung über eine eventuelle Rücknahme nicht ohne Abstimmung und ohne Rücksprache mit ihm und seinem zweiten Verteidiger, Herrn Rechtsanwalt Dr. B.       , ergehe. Mit weiterem Schreiben vom an das Landgericht hat der Angeklagte ausdrücklich um Rücknahme der irrtümlich von Rechtsanwalt K.   zurückgenommenen Revision gebeten.

3Zwischenzeitlich hatte Rechtsanwalt Dr. B.       mit Schreiben vom die Revision begründet. Rechtsanwalt K.   hat mit Schriftsatz vom dem Landgericht mitgeteilt, die Rücknahme der Revision sei nicht eigenmächtig, sondern nach Rücksprache mit dem Angeklagten erfolgt. Eine vorherige Absprache mit Rechtsanwalt Dr. B.       sei nicht vereinbart worden; ein Schreiben des Angeklagten, in dem er ihm dies mitgeteilt haben soll, habe ihn nicht erreicht.

42. Bei dieser Sachlage ist entsprechend der Anregung des Generalbundesanwalts eine feststellende Klärung der Wirksamkeit der Revisionsrücknahme durch förmliche Entscheidung des Rechtsmittelgerichts angezeigt (vgl. Senat BGHR StPO § 302 Abs. 2 Rücknahme 11; BGH NStZ 2001, 104).

5Die Rücknahme der Revision durch Rechtsanwalt K.   ist wirksam. Die hierzu gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung lag zum Zeitpunkt der Rücknahme in schriftlicher Form vor.

6Soweit der Angeklagte mit seinen Schreiben vom 8. und mitgeteilt hat, mit der Revisionsrücknahme nicht einverstanden gewesen zu sein, und zugleich um Rücknahme der irrtümlich zurückgezogenen Revision gebeten hat, sind diese Schreiben nach der Revisionsrücknahme und der schriftlichen Ermächtigungserklärung des Angeklagten und damit verspätet eingegangen. Der Widerruf wäre nur dann wirksam geworden, wenn sie vor oder spätestens zeitgleich mit der Rechtsmittelrücknahme eingegangen wären (BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 1, 2 und 4).

7Eine Rechtsmittelrücknahme ist ebenso wie der Rechtsmittelverzicht als Prozesshandlung grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (vgl. BGHSt 45, 51, 53; BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 - Rechtsmittelverzicht 1, 4, 8, 12, 15, 17). Sie ist jedoch ausnahmsweise dann unwirksam, wenn sie durch Drohung, durch Täuschung oder schwerwiegende Willensmängel veranlasst wurde (vgl. BGHSt 45, 51, 53; BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 - Rechtsmittelverzicht 14). Anhaltspunkte dafür ergeben sich aus den Schreiben des Angeklagten nicht.

Fischer                        Appl                      Krehl

                   Ott                        Bartel

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
VAAAF-07470