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FG Bremen Urteil v. - 1 K 68/12 (6) EFG 2016 S. 88 Nr. 2

Gesetze: EStG 2007 § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, EStG 2007 § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, EStG 2007 § 15 Abs. 3 S. 1 Nr. 2, EStG 2007 § 5 Abs. 1, EStG 2007 § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, AO § 12 S. 1, AO § 12 S. 2 Nr. 1, AO § 10, AO § 39 Abs. 2 Nr. 2, AO § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, KStG § 8 Abs. 1, KStG § 32 Abs. 1 Nr. 2, HGB § 246 Abs. 1

Inländische Betriebsstätte einer vermögensverwaltenden gewerblich geprägten GmbH & Co. KG durch Dienstleistungsvertrag mit Managementgesellschaft

Unternehmensbegriff i. S. d. § 12 AO

Zurechnung der Beteiligung an einer inländischen Kapitalgesellschaft zum Betriebsvermögen einer gewerblich geprägten Personengesellschaft im Falle ausländischer Anteilseigner im Nicht-DBA-Fall

Leitsatz

1. Eine vermögensverwaltende gewerblich geprägte GmbH & Co. KG i. S. d. § 15 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 EStG kann ihren beschränkt steuerpflichtigen ausländischen Anteilseigenern eine Betriebsstätte und damit gewerbliche Einkünfte i. S. d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG vermitteln, so dass alle Gesellschafter in die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte der GmbH & Co. KG nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO einzubeziehen sind. Das gilt auch, wenn es sich bei den ausländischen Gesellschaftern um Kapitalgesellschaften handelt, deren Körperschaftsteuer gem. § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG durch den Steuerabzug der Kapitalertragsteuer abgegolten ist.

2. Die für die Annahme einer Betriebsstätte notwendige nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht ist schon dann gegeben, wenn die Gesellschaft eine Rechtsposition innehat, die ohne ihre Mitwirkung nicht ohne weiteres beseitigt oder verändert werden kann. Hierfür ist nicht erforderlich, dass der Gesellschaft vertraglich ein Nutzungsrecht eingeräumt wird. Vielmehr reicht es aus, wenn tatsächliche Gründe die Annahme rechtfertigen, dass dem Unternehmer irgendein für seine Tätigkeit geeigneter Raum zur ständigen Nutzung zur Verfügung steht. Für das Vorliegen einer solchen tatsächlichen Position spricht i. d. R. die Identität der handelnden Organe der überlassenden und der nutzenden Gesellschaft.

3. Daher kann es für das Vorliegen einer inländischen Betriebsstätte i. S. d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG i. V. m. § 12 AO ausreichen, wenn eine GmbH & Co. KG ohne eigene Büroräume und ohne eigenes Personal durch einen Dienstleistungsvertrag bestimmte geschäftsführende administrative und operative Dienstleistungen auf eine Managementgesellschaft mit Räumlichkeiten und Personal im Inland übertragen hat, wenn der alleinige Geschäftsführer der geschäftsführenden Komplementär-GmbH zugleich auch Geschäftsührer der Komplementär-GmbH der Managementgesellschaft ist und wenn er tatsächlich die Tagesgeschäfte in Räumlichkeiten der Managementgesellschaft im Inland erledigt. Dass verschiedene Rechtsgeschäfte gem. dem Gesellschaftsvertrag nur mit vorheriger Einwilligung der Gesellschafterversammlung vorgenommen werden, führt auch dann nicht dazu, dass sich der Ort der Geschäftsführung ins Ausland verlagert, wenn mehrere – über die Mehrheit der Kommanditanteile verfügende – Kommanditisten der GmbH & Co. KG ihren Sitz im Ausland haben.

4. Für den Begriff des „Unternehmens” i. S. d. § 12 S. 1 AO ist maßgeblich, ob eine unternehmerische Tätigkeit im ertragsteuerlichen Sinn ausgeübt wird. Ein solches Unternehmen im ertragsteuerlichen Sinn stellt auch eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i. S. d. § 15 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 EStG dar, deren Tätigkeiten (hier: Halten einer Beteiligung; Vermietung von Schleppkähnen und Umschlagsanlagen) nicht originär gewerblich sind. Die Betriebsstätte eines Unternehmens i. S. v. § 12 AO setzt keine aktive gewerbliche Tätigkeit voraus.

5. Für den Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung als Voraussetzung für die Geschäftsleitung i. S. d. § 10 AO ist entscheidend, wo die sog. Tagesgeschäfte getätigt werden. Tagesgeschäfte beinhalten die tatsächlichen, organisatorischen und rechtsgeschäftlichen Handlungen, die der gewöhnliche Betrieb des Unternehmens mit sich bringt. Nicht zu diesen Tagesgeschäften gehört neben der Festlegung der Grundsätze der Unternehmenspolitik die Mitwirkung der Gesellschafter des Unternehmens an ungewöhnlichen Maßnahmen bzw. Entscheidungen von besonderer Bedeutung.

6. Für die Zurechnung der Beteiligung an einer inländischen Kapitalgesellschaft zum notwendigen Betriebsvermögen einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG, deren Gesellschafter in einem ausländischen Staat ansässig sind, mit dem kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, reicht es aus, wenn die Beteiligung dem Gesellschaftszweck der KG dient, bilanziell den wesentlichen Vermögensposten der KG darstellt, die Ausschüttungen der Beteiligungsgesellschaft den überwiegenden Anteil der gesamten Erträge der KG ausmachen und wenn zudem durch die Vermietung von Schleppkähnen an die Beteiligungsgesellschaft wirtschaftliche Beziehungen zwischen den Gesellschaften bestehen. Insoweit ist nicht erforderlich, dass die Beteiligung in einem funktionalen Zusammenhang mit der in der inländischen Betriebsstätte ausgeübten unternehmerischen Tätigkeit der KG steht (Abgrenzung zu der zu „DBA”-Fällen ergangenen BFH-Rspr.).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BB 2017 S. 604 Nr. 11
DStR 2016 S. 8 Nr. 10
DStRE 2016 S. 394 Nr. 7
EFG 2016 S. 88 Nr. 2
GmbH-StB 2016 S. 25 Nr. 1
IStR 2015 S. 85 Nr. 17
IWB-Kurznachricht Nr. 6/2016 S. 194
PIStB 2016 S. 153 Nr. 6
FAAAF-04023

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FG Bremen, Urteil v. 25.06.2015 - 1 K 68/12 (6)

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