PiR Nr. 9 vom Seite 1

Framework oder praktische Anwendung

WP/StB Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann | Herausgeber | pir-redaktion@nwb.de

Im dieser PiR-Ausgabe nach der Sommerpause stellt Hanno Kirsch den jetzt komplettierten Exposure Draft des IASB zum Conceptual Framework dar. Einmal mehr sticht dem Anwender der konzeptionelle Unterschied zu den Rechnungslegungsgrundlagen deutschen und europäischen Ursprungs ins Auge. Letztere bekennen sich schmalbrüstig zu Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und überlassen deren Ausfüllung der breiten Schar der Anwenderschaft. Die häufig fast beliebige Auslegung ist damit programmiert und politisch erwünscht. Bei schwierigen Themen enthält sich zudem der Regelungs- und Gesetzgeber einer Festlegung, z. B. zu grundlegenden Begriffen wie „Vermögensgegenstand“ oder „Verbindlichkeit“. Anders hier das besprochene Framework (S. 236). Dabei sind solche Definitionen notwendig interpretationsbedürftig mit durchaus überraschenden Ergebnissen: Ein geleastes Flugzeug ist zweimal Vermögensgegenstand, einmal als Sachwert, dann aber auch als Nutzungsrecht.

Von den weiteren Einzelheiten des Framework im Vergleich zum HGB ist hervorzuheben die explizite Befassung mit der der herkömmlichen Rechnungslegung notwendig verbundenen Bewertungsunsicherheit, die Schätzungen zur Folge hat. Das HGB und die EU-Bilanzrichtlinie lassen dazu nichts verlauten, obwohl sie mit der Problematik genauso konfrontiert sind wie die IFRS. Die Bilanzierung stellt schließlich einen Schätzungsprozess dar. Besondere Aufmerksamkeit aus der HGB-Perspektive verdient der Umgang des Entwurfs mit dem Vorsichtsprinzip. Dessen Fehlen in der aktuellen Fassung des Framework wird von den Gralshütern der HGB-Rechnungslegung als besonders kritisch beäugt, ohne den Umkehreffekt des Bilanzenzusammenhangs zu beachten. Dieser Betrachtungsweise will sich der Board nicht entziehen, andererseits die Vorsicht doch als Bilanzierungsgrundlage (wieder) erwähnen. Das Ergebnis schlägt sich im Gebot der cautious prudence nieder, deren deutschen Übersetzung man mit Spannung entgegensehen kann.

Im führt uns der praxiserprobte Autor Hermann Sigle zurück in die Niederungen der IFRS-Anwendung anhand des Beispiels der Automobilzulieferindustrie. Dabei werden die Effekte der Null-Zins-Politik und der Währungsschwankungen auf die deutsche und US-amerikanische Branche dargestellt. Diese makroökonomisch geprägten Wirkungsmechanismen schlagen sich nicht in der GuV, wohl aber in der Gesamtergebnisrechnung nieder. Das OCI lässt solche Effekte am IFRS-Regelwerk abprallen, ob auch in der Bilanzanalyse soll hier nur als Frage gestellt werden. Wo das OCI nichts hilft, werden in der Berichterstattung eigens festgelegte Bemessungsgrößen dargestellt: währungsbereinigt, EBITDA. Damit fällt die unerwünschte Aufzinsung der Pensionsrückstellungen aus dem analytischen Raster. Unseren PiR-Lesern darf der Vergleich der Abschlüsse zweier führender Automobilzulieferer nur wärmstens zur Beachtung empfohlen werden.

Im widmet sich unser Autor Jens Reinke den beiden alternativen Paramatern des Nutzungs- und Nettoveräußerungswerts als Bestimmungsgröße innerhalb des impairment -Tests. Die detaillierten Berechnungsvorgaben sollen das „only“ moralisch rechtfertigen. Die empirische Untersuchung unseres Autors gibt wichtige Erkenntnisse über die Realität des Umgangs der DAX-gelisteten Unternehmen mit dem impairment-only-approach wieder.

Beste Grüße

Wolf-Dieter Hoffmann

Fundstelle(n):
PiR 9/2015 Seite 1
JAAAF-01379