BSG Beschluss v. - B 4 AS 54/14 BH

Instanzenzug: S 33 (17) AS 265/08

Gründe:

I

1Die 1956 geborene Klägerin begehrt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in der Zeit vom bis , die der beklagte SGB II-Träger mit der Begründung abgelehnt hat, dass die Klägerin Studiengänge betreibe, die nach dem BAföG dem Grunde nach förderungsfähig seien. Dies begründe einen Leistungsausschluss nach § 7 Abs 5 SGB II. Klage und Berufung hatten keinen Erfolg (; ).

II

2Der Klägerin steht Prozesskostenhilfe (PKH) für die Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde nicht zu, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 ZPO). Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, einen der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe (grundsätzliche Bedeutung, Abweichung oder Verfahrensmangel) mit Erfolg geltend zu machen.

3Zum Vorliegen einer grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) macht die Klägerin geltend, das BSG habe bisher noch nicht entschieden, ob Studierende, die als Zweithörer zum Studium zugelassen worden seien, dem Grunde nach von SGB II-Leistungen ausgeschlossen seien. In diesem Zusammenhang trägt sie vor, das von der Rechtsprechung geforderte Kriterium der organisationsrechtlichen Zughörigkeit zu einer Hochschule sei bei einer Zweithörerschaft nicht erfüllt, sodass diese Studenten bis auf wenige Ausnahmen, die bei ihr nicht vorlägen, niemals "dem Grunde nach" förderungsfähig nach dem BAföG seien. Neben dem faktischen Betreiben des Studiums habe es das BSG als unabdingbare Voraussetzung angesehen, dass eine organisationsrechtliche Zugehörigkeit zur Hochschule bestehe (Hinweis auf - SozR 4-4200 § 7 Nr 27).

4Auch unter Berücksichtigung dieses Vorbringens ist nicht erkennbar, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter in der Lage sein könnte, eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darzulegen. Hierfür muss in der Beschwerdebegründung ausgeführt werden, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN, stRspr; BVerwG NJW 1999, 304; vgl auch: BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7).

5Das LSG hat zunächst zutreffend darauf hingewiesen, dass die Klägerin in der Zeit vom bis schon wegen ihres Vollzeitstudiums an der Universität B in der Fachrichtung der Islamwissenschaften dem Grunde nach förderfähig war (§ 2 Abs 1 Nr 6 BAföG). Individuelle Versagungsgründe, die - wie hier wegen des Lebensalters der Klägerin - im Verhältnis zum Träger der Förderungsleistung eingetreten sind, bleiben außer Betracht (vgl - SozR 4-4200 § 7 Nr 27 RdNr 13 mwN). In dem Folgezeitraum vom bis war sie - neben einem Teilzeitstudiengang an der Fernuniversität H (ab für zwei Magisterstudiengänge) - an der Universität Köln zugelassene Zweithörerin für ein Lehramtsstudium. Das LSG hat festgestellt, dass die Klägerin auch als Zweithörerin einer anderen Hochschule Leistungsnachweise erwerben und Prüfungen ablegen konnte, wie dies nach der hochschulrechtlichen Lage in dem Gesetz über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen vom (GVBl NRW 474 ff) vorgesehen ist (vgl § 52 Abs 1 HFG: Zulassung zum Besuch von Lehrveranstaltungen und zur Ablegung Studien begleitender Prüfungen). Der 4. Senat hat in seiner von der Klägerin zitierten Entscheidung ebenfalls bereits darauf hingewiesen, dass diese "Teilnahmevoraussetzungen" für die Annahme der "Förderfähigkeit dem Grunde nach" auch bei einer Beurlaubung ausreichend sind ( - SozR 4-4200 § 7 Nr 27 RdNr 19). Es ist nicht erkennbar, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter vor diesem Hintergrund einen weiteren rechtlichen Klärungsbedarf begründen könnte. Auch eine Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) ist nicht ersichtlich.

6Ebenso wenig ist erkennbar, dass ein Prozessbevollmächtigter in der Lage sein könnte, einen Verfahrensfehler des LSG (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) darzulegen. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Die Klägerin rügt eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör durch eine "rechtswidrige Ablehnung" ihres Antrags auf Aufhebung des für den angesetzten Verhandlungstermins. Die Anforderung des LSG, bei künftigen Terminsaufhebungsanträgen anstelle der bisher regelmäßig übersandten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein amtsärztliches Attest vorzulegen, sei nicht erfüllbar. Sie habe bereits am auf dem handschriftlich ausgefüllten Empfangsbekenntnis mitgeteilt, dass sie noch erkrankt und nicht verhandlungsfähig sei und dieser Zustand voraussichtlich bis August anhalten werde. Auf diese Mitteilung hätte das LSG eine amtsärztliche Untersuchung am Wohnort durchführen lassen können. Auch unter Berücksichtigung dieses Vorbringens der Klägerin ergeben sich keine erheblichen Gründe für die erst einen Tag vor dem Verhandlungstermin am beantragte Verlegung des Termins (§ 202 SGG iVm § 227 ZPO). Der Senat hat bereits entschieden, dass es - im Gegenzug zu den prozessualen Fürsorgepflichten des Gerichts - Voraussetzung für eine Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist, dass der Beschwerdeführer seinerseits alles ihm Obliegende getan hat, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (vgl zB , RdNr 7 mwN). Insofern hat das LSG mit Bezug auf die Rechtsprechung des BSG darauf hingewiesen, dass bei kurzfristigen Aufhebungsanträgen erhöhte Anforderungen an die Darlegung und Glaubhaftmachung der Hinderungsgründe zu stellen sind. Diese Anforderungen hat die Klägerin nicht erfüllt. Da sie zuvor bereits die Aufhebung der Termine am , , und aus gesundheitlichen Gründen beantragt hatte und mit der aktuellen Ladung auf die Notwendigkeit eines fundierten Nachweises ihrer Verhandlungs- und/oder Reiseunfähigkeit hingewiesen worden war, konnte sie erkennen, dass jedenfalls eine erneute Vorlage einer AU-Bescheinigung mit der darin enthaltenen Diagnose "Fieber unklarer Genese, V.a. Borreliose" eine Verhandlungs- und/oder Reiseunfähigkeit nicht ausreichend nachweisen konnte.

7Auch soweit die Klägerin als Verfahrensfehler geltend macht, sie habe die Ladung vom (Poststempel des LSG am ) für die Verhandlung am erst am erhalten, weshalb die gesetzliche Ladungsfrist nicht gewahrt worden sei, ist hierin ein Revisionszulassungsgrund nicht zu erkennen. Ist die im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbare dreitägige Mindestfrist des § 217 ZPO für die Ladung eingehalten, so kann die Unterschreitung der nicht zwingend gebotenen Ladungsfrist gemäß § 110 Abs 1 S 1 SGG nur mit Aussicht auf Erfolg gerügt werden, wenn dargelegt wird, welcher entscheidungserhebliche Vortrag unterblieben ist (). Dass dies der Fall sein könnte, ist nicht ersichtlich.

8Die von ihr weiter gerügte fehlende Aussetzung des Verfahrens wegen vorgreiflicher Rechtsstreitigkeiten zur Erlangung von Leistungen nach dem BAföG stellt gleichfalls keinen Verfahrensfehler dar. Es ist nicht erkennbar, dass insoweit eine Ermessensreduzierung auf Null vorlag (vgl hierzu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 114 RdNr 9 mwN), weil der Beklagte - hierauf hat das LSG bereits hingewiesen - in eigener Zuständigkeit über die Anspruchsvoraussetzungen nach dem SGB II entscheidet.

9Da der Klägerin PKH nicht zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a SGG iVm § 121 ZPO nicht in Betracht.

Fundstelle(n):
BAAAE-94109