BGH Beschluss v. - 1 StR 135/15

Instanzenzug:

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten mit dem in seiner Anwesenheit verkündetem Urteil vom u.a. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und elf Monaten verurteilt.

2Mit einem am bei den Justizbehörden in München eingegangenen Schreiben begehrt er "Rücksetzung des Verfahrens in die Revisions-, Beschwerdefähigkeit bzw. auf Wiedereinsetzung des Verfahrens in die 1. Instanz mit Beiordnung eines neuen Pflichtverteidigers".

3Bei am Rechtsschutzziel des Angeklagten orientierter Auslegung (§ 300 StPO) erweist sich sein Begehren als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision sowie als Einlegung der Revision gegen das vorbezeichnete Urteil. Wie sich aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom ergibt, ist der Wiedereinsetzungsantrag nicht zulässig erhoben sowie die Revision wegen des in der Hauptverhandlung am wirksam erklärten Rechtsmittelverzichts (§ 302 Abs. 1 StPO) unzulässig (§ 349 Abs. 1 StPO).

41. Die vom Generalbundesanwalt dargelegten Gründe für die Unzulässigkeit des Wiedereinsetzungsgesuchs werden durch das Schreiben des Angeklagten vom nicht ausgeräumt. Soweit er nunmehr vorträgt, von der möglichen - der Sache nach auf § 302 Abs. 1 Satz 2 StPO - gestützten "Unzulässigkeit des Rechtsmittelverzichts" erst "Januar 2015" erfahren zu haben, beseitigt dies den Zulässigkeitsmangel aus § 45 Abs. 2 StPO nicht. Nach den gesetzlichen Vorgaben müssen die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Wiedereinsetzungsgesuchs innerhalb der Wochenfrist des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO vollständig vorgetragen werden. Dazu gehört auch die Mitteilung über den Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses (Senat, Beschluss vom - 1 StR 573/14 Rn. 7, NStZ-RR 2015, 145 f. mwN). Nach Fristablauf können bereits rechtzeitig vorgetragene Voraussetzungen der Zulässigkeit lediglich noch ergänzt oder verdeutlicht werden (Meyer-Goßner/ Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 45 Rn. 5 mwN). Zu dem Zeitpunkt seiner Kenntniserlangung über den Grund der Wiedereinsetzung verhält sich der Angeklagte aber erstmals in dem genannten Schreiben vom . Im Übrigen wird selbst darin kein genauer Termin genannt.

52. Die Revision ist wegen des wirksamen Rechtsmittelverzichts unzulässig.

6Soweit sich der Angeklagte auf seine schlechte psychische und physische Verfassung am Tag der Urteilsverkündung beruft, werden keine Umstände vorgetragen, die seine prozessuale Handlungsfähigkeit in Frage stellen. Lediglich bei Verhandlungsunfähigkeit käme aber der Verzichtserklärung keine rechtliche Wirksamkeit zu (Radtke in Radtke/Hohmann, StPO, § 302 Rn. 9 mwN).

7Die Verzichtserklärung ist auch nicht gemäß § 302 Abs. 1 Satz 2 StPO unwirksam. Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, beweist die Sitzungsniederschrift das Fehlen einer Verständigung im Sinne von § 257c StPO. Der Angeklagte benennt keine ausreichenden Anhaltspunkte, um eine Fälschung der Sitzungsniederschrift im Wege des Freibeweises näher zu prüfen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
CAAAE-92370